Satellitenmission SeRANIS wird auf Herz und Nieren geprüft
23 Februar 2022
Seit 2020 laufen die Planungen für die erste agile Kleinsatellitenmission der Bundeswehr: SeRANIS (Seamless Radio Access Networks for Internet of Space). Das rund 70-köpfige Team unter der Leitung von Prof. Andreas Knopp hat nun die erste Phase der Planung unter dem Dach vom dtec.bw – Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr an der Universität der Bundeswehr München abschlossen: Die Missionsziele wurden konkretisiert und die Anforderungen an den Satelliten und die Messgeräte an Bord geplant.
Im Gegensatz zu Experimenten auf der Erde gibt es im Weltall nur einen Versuch, da ein nachträglicher Austausch von Instrumenten auf dem Satelliten im Orbit nicht möglich ist. Umso wichtiger ist daher eine ständige Überprüfung des Projektfortschritts: Üblich sind hierbei sogenannte Reviews, in denen eine Mission von unabhängigen Experten bewertet wird. Das System Requirement Review – kurz SRR – wurde für SeRANIS unter der Leitung von Prof. Roger Förstner vorbereitet und mit einem Expertentreffen am 18.02.2022 auf dem Campus der Universität der Bundeswehr München abgeschlossen. „Heute ist der Tag, an dem wir entscheiden, ob die Mission die nötige Reife hat. Hierzu haben wir ein hochkarätiges Expertenteam aus den Bereichen Grundlagenforschung, Bundeswehr sowie Luft- und Raumfahrt eingeladen“, so Prof. Knopp.
v.l.n.r.: Oberst i.G Michael Fraas (Referatsleiter Strategie des Kommando Cyber- und Informationsraum), Vizeadmiral Dr. Thomas Daum (Inspekteur Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr), Prof. Andreas Knopp (Projektleiter des dtec.bw-geförderten Forschungsprojekt SeRANIS, Sprecher Forschungszentrum SPACE), Prof. Martin Wikelski, (Direktor am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und Mitglied der Leopoldina), Generalmajor Jürgen Setzer (Stellvertretender InspCIR und Beauftragter Weltraum) (© UniBw M/Schunk).
Interdisziplinäres Expertenreview
Zum Expertengremium zählen einerseits hochkarätige Bundeswehrexperten – Vizeadmiral Dr. Thomas Daum, Inspekteur Cyber- und Informationsraum (InspCIR) der Bundeswehr, und Generalmajor Jürgen Setzer, stellvertretender InspCIR und Beauftragter Weltraum des OrgBer CIR der Bundeswehr. Sie sehen den entscheidenden Beitrag. „Der Weltraum ist eine kritische Ressource und strategischer Raum zugleich. SeRANIS hat unser spezielles Interesse, denn die Satelliten der Bundeswehr liegen in unserer Verantwortung. Das, was das Projekt uns am Ende an Fähigkeiten zur Verfügung stellt, wird ganz wesentlich für uns von Relevanz sein“, so Vizeadmiral Dr. Thomas Daum. Prof. Martin Wikelski, Direktor am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und Mitglied der Leopoldina, begutachtet das wissenschaftliche Setup der Mission. Dr. Anke Pagels-Kerp, DLR-Bereichsvorständin Raumfahrt, bringt ihre langjährige Expertise in der Raumfahrt mit ein. Ihr Fokus liegt auf der Bewertung der raumfahrtprozesstechnischen Reife des Projektes.
Dual Use als strategischer Wettbewerbsvorteil im All
Während in der Vergangenheit staatliche Investitionen und staatliche Großprojekte die Innovationen in der Raumfahrt vorantrieben, bestimmen inzwischen große Technologiekonzerne mit einer kommerziellen Ausrichtung das Innovationstempo. Nach dem Dual-Use Prinzip profitiert inzwischen die staatliche Raumfahrt von der kommerziellen Welt, wenn Beschaffungsprozesse und rein militärische Entwicklungsprozesse nicht mit dem Tempo marktgetriebener Innovation mithalten können. Diese Entwicklung hat früher schon im Bereich der Softwareentwicklung stattgefunden und die Bundeswehr versucht seitdem, mit neuen Organisationsstrukturen wie bspw. dem Cyber-Innovation Hub, auf die Veränderungen zu reagieren. SeRANIS startet mit dem Projekt diesen Paradigmenwechsel nun auch in der Raumfahrt und ist als Space Innovation Hub ein Ansatz, der in der deutschen Forschungslandschaft einmalig und visionär ist. Im Vordergrund stehen strategische Innovationen und Schlüsseltechnologien mit hohem kommerziellen Marktpotenzial, die zeitgleich neue Fähigkeiten für behördliche Bedarfsträger und die Bundeswehr verfügbar machen. Das Versprechen des Projektes SeRANIS, das vom Forschungszentrum SPACE an der Universität der Bundeswehr München entwickelt und aufgesetzt wurde lautet: Stärkung der Souveränität im Weltall durch Zugang zu universitärer Spitzenforschung in Kooperation mit der New Space Community. Diese Synergien zeigen schon jetzt erste Erfolge: „Ich hätte nicht gedacht, dass in dieser Geschwindigkeit so ein System aufgebaut werden könnte, was einen echten Fortschritt im Bereich New Space darstellt. SeRANIS ist ein europäisches Leuchtturmprojekt für die deutsche Raumfahrt-Innovation. Das kompetente Team hat bisher großartige Entwicklungsarbeit geleistet“, so Prof. Martin Wikelski. Generalmajor Jürgen Setzer ergänzt: „Die Mission bietet spannende neue Technologien, die für die zukünftigen Fähigkeiten der Bundeswehr im Weltraum von größter Bedeutung sind.“ Projektleiter Knopp freut sich über die Würdigung der hochkarätigen Jury und ist sicher, dass SeRANIS „einen wichtigen Beitrag zur Hightech-Strategie des Bundes leisten und ein nationales Schlüsselprojekt im Bereich New Space“ sein wird.
Experten sind sich einig: SeRANIS ist auf Erfolgskurs
Das Gremium attestiert, dass die Experimente an Bord des Satelliten den Proof of Concept für richtungsweisende Innovationen in verschiedenen Bereichen wie Kommunikation und Internet of Things erzielen werden und empfiehlt die Weiterführung des Projektes. Prof. Knopp bedankt sich bei allen Beteiligten für dieses positive Ergebnis und schätzt die Unterstützung der Jury.
Das SeRANIS-Projekt an der Universität der Bundeswehr München wird im Rahmen dtec.bw – Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr gefördert, dass die Bundesregierung mit einer Förderung in Höhe von 500 Mio. Euro finanziert, um wirtschaftliche Ausfälle aufgrund der COVID-19-Pandemie zu bekämpfen. Mit einem erfolgreichen gemeinsamen Antrag, der nicht nur herausragende Forschungskonzepte, sondern auch einen einheitlichen Ansatz für einen Startup- und Business-Inkubator beinhaltete, haben die Universitäten der Bundeswehr in München und Hamburg den Zuschlag für diese Forschungsförderung erhalten.
Titelbild: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während des Expertentreffens im Casino der Universität der Bundeswehr München (© UniBw M/Schunk).