
Munich Satellite Navigation Summit: Wie resilient ist die Satellitennavigation?
1 April 2025
Internationale Expertinnen und Experten aus der Satellitennavigation beraten sich auf dem von der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ausgerichteten Munich Satellite Navigation Summit 2025 über die Absicherung der Satellitennavigation.
Egal, ob im Auto, im Flugzeug oder bei der Nutzung des Smartphones: Satellitennavigation spielt im Alltag eine wichtige Rolle. Sie sorgt dafür, dass Personen sicher dort ankommen, wo sie hinmöchten. Was aber, wenn Satellitennavigationssysteme nicht mehr richtig funktionieren?
Die Bundeswehr sowie zahlreiche kritische Infrastrukturbereiche wie Transport und Verkehr oder Informationstechnik und Telekommunikation sind auf Daten zur Ortung, Navigation und Zeitmessung (Positioning, Navigation and Timing, kurz: PNT) angewiesen. Diese Daten kommen von Satellitennavigationssystemen wie „Galileo“, dem Globalen Navigationssatellitensystem (GNSS) der Europäischen Union. Sind diese Systeme etwa durch gezielte Störungen beeinträchtigt, kann das lebensgefährliche Folgen haben.
Jamming, Spoofing und Sonnenaktivität
Für die Manipulation an Satellitennavigationssystemen verwendet man in Fachkreisen die Begriffe „Jamming“ und „Spoofing“. Jamming bezeichnet das Beeinträchtigen von Positions- und Navigationsdaten mit Störgeräten. Somit wird verhindert, dass diese Informationen beim Empfänger ankommen. Noch fataler ist das Spoofing. Diese Methode meint das gezielte Senden falscher Daten. Die Gefahr dabei ist groß: Fahrzeuge, Schiffe oder Flugzeuge beispielsweise können so bewusst fehlgeleitet werden und in gefährliche Gebiete geraten. Aber auch die stärkere Sonnenaktivität setzt Satellitendiensten immer mehr zu: erhöhte Strahlung zum Beispiel kann die Elektronik in Satelliten so schädigen, dass es zu einem Ausfall kommen kann.
„Resilient PNT – Backbone of Autonomy and Critical Infrastructure“
Auf dem Munich Satellite Navigation Summit 2025, der unter dem Motto „Resilient PNT – Backbone of Autonomy and Critical Infrastructure“ stand, trafen sich internationale Expertinnen und Experten aus der Satellitennavigation zwischen dem 26. und 28. März. Sie berieten darüber, wie sie solchen Störungen künftig entgegenwirken und wie sich die Satellitennavigation absichern lässt. Die UniBw M und das DLR richteten das jährliche Gipfeltreffen in der Alten Kongresshalle München aus. Europäische Agenturen wie EUSPA und ESA und sowie weitere internationale Raumfahrteinrichtungen waren vertreten.
GNSS-Störungen erreichen nie gekanntes Ausmaß
„GNSS-Störungen in der Luft- und Schifffahrt haben ein bisher nie gekanntes Ausmaß angenommen. GNSS-Daten werden im Flugzeug vielfältig genutzt und daher hat eine GNSS-Störung mannigfaltige Auswirkungen. Diese können zum Teil harmlos sein, wie der Ausfall der Toilettenspülung, die bei bestimmten Flugzeugtypen vom Luftdruck abhängig ist und daher nur bei gewissen – über GNSS bestimmte – Höhen verwendet werden kann“, weiß Prof. Thomas Pany (Bild unten, Mitte). Er ist Gründungsmitglied des Forschungszentrums SPACE und Inhaber der Professur für Satellitennavigation an der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik an der UniBw M. Weiter erklärt er: „Aber auch der Flugzeugabsturz in Kasachstan im Dezember letzten Jahres wird mit GPS-Jamming in Verbindung gebracht, da der automatische Positionsmelder des Flugzeugs deaktiviert wurde und das Flugzeug nicht mehr als ziviles Objekt erkennbar war.“
Prof. Panys Institut ist auch für das europäische Satellitennavigationssystem Galileo tätig: Ein Teil der derzeit gesendeten Galileo-Signalstruktur wurde vor über zwanzig Jahren in Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen anderer europäischer Einrichtungen an der UniBw M ausgearbeitet. Heute empfangen mehr als eine Milliarde Mobiltelefonnutzerinnen und -nutzer das Signal.
Störungen der Satellitennavigationssysteme vorbeugen
Seit März 2025 existiert ein verbesserter internationaler rechtlicher Rahmen, um Verantwortlichkeiten bei gezielten Störungen zu regeln. Dieser Rahmen ist hilfreich, um als erste Gegenmaßnahme Handlungsweisen zu definieren, die bei gezielten GNSS-Störungen einzuhalten sind. Dazu zählen zum Beispiel eine Meldepflicht oder das Bereitstellen alternativer Navigationsmittel. „Auf technischer Seite gilt es veraltete GNSS-Empfänger auszutauschen, da neuere Geräte bereits erste interne Schutzmaßnahmen beinhalten. Mittelfristig werden Galileo-Dienste mit authentifizierten Signalen Spoofing erheblich erschweren; Behörden und Militärs können verschlüsselte Galileo-Signale nutzen, die grundsätzlich nicht gefälscht werden können“, erläutert Prof. Pany. Langfristig solle auch eine neue Generation von Satelliten Verbesserungen bringen, so Prof. Pany weiter.
Warum der Munich Satellite Navigation Summit so wichtig ist, veranschaulicht der Professor für Satellitennavigation an der UniBw M: „Im Gegensatz zu rein wissenschaftlichen Konferenzen wird das Programm so gewählt, dass ein möglichst großer Networking-Effekt entsteht. Über die Einbindung der bayerischen Staatsregierung, der ESA und EUSPA entsteht so ein Format, welches es den vielfältigen Gruppen erlaubt sich abzusprechen. Das internationale Publikum kann auf effiziente Weise Einblicke in die europäische Industrie und Forschung erhalten.“
In der Session „Enhancing resilience with LEO-PNT“ diskutieren die Experten über die Stärkung der Resilienz mit erdnahen Satellitenkonstellationen (© Universität der Bundeswehr München/Döring)
Das Programm des Munich Satellite Navigation Summit 2025 beinhaltete Fachvorträge, Diskussionen und eine begleitende Ausstellung. Am Abend des zweiten Veranstaltungstages kamen Expertinnen und Experten der Satellitennavigation beim Staatsempfang in der Münchner Residenz zusammen. Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie Hubert Aiwanger sowie der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien Dr. Florian Herrmann luden dazu ein. Am abschließenden dritten Tag waren die Veranstalter des Summits Gastgeber für den Aktionstag „Tag der Raumfahrt“, in dessen Rahmen drei Sessions, darunter etwa die Session „Bavarian & Munich Flashlights – News from GNSS in downstream applications“, für die Öffentlichkeit zugänglich waren. Darin berichtete etwa ein Testpilot von der Nutzung der Navigationssatelliten für sichere, nachhaltige und autonome „Urban Air Mobility“.
Titelbild: Der Munich Satellite Navigation Summit 2025 steht unter dem Motto „Resilient PNT – Backbone of Autonomy and Critical Infrastructure“ (© Universität der Bundeswehr München/Döring)