Diskussion über 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland
31 Mai 2022
Am 30. Mai fand im Audimax eine Diskussionsveranstaltung zum Thema „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ mit Studierenden statt. Besondere Gäste waren die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern Dr. Charlotte Knobloch und der Militärbundesrabbiner Zsolt Balla.
Die Präsidentin der Universität der Bundeswehr München Prof. Merith Niehuss begrüßte die Gäste und Studierenden und brachte ihre Freude über das Zustandekommen dieser Möglichkeit des Austauschs zum Ausdruck. Militärbundesrabbiner Balla war Teilnehmer der europäischen Rabbinerkonferenz, die am gleichen Tag in der Innenstadt von München startete und wollte diese Gelegenheit für einen Dialog mit den Soldatinnen und Soldaten nutzen. Präsidentin Prof. Niehuss bat zunächst Dr. Knobloch um ein Grußwort.
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern betonte, dass die europäische Rabbinerkonferenz eine große Ehre für die Stadt und die jüdische Gemeinde sei. 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland seien ein Anlass zum Feiern. „Die deutsche Kultur entwickelte sich über diese Zeit mit jüdischen Beiträgen. Auch mit Beiträgen zum höchsten Gut der Kultur: der Sprache“, erklärte Knobloch. „Mein Vater kehrte verwundet und dekoriert aus dem 1. Weltkrieg zurück. Er war immer stolz auf seinen Dienst für das Vaterland“, ergänzte sie. Knobloch erinnerte auch an die rund 12.000 deutsch-jüdischen Gefallenen im 1. Weltkrieg, die zu oft vergessen werden.
Keine jüdische Existenz ohne Sicherheit
„In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das jüdische Leben mit Stock und Stiel ausgerissen. Nach dem Massenmord an den Juden war es sehr schwer gewesen in Deutschland zu bleiben. Dass heute wieder jüdische Gemeinden existieren war eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Doch Fortschritte können fragil sein“, so Knobloch. Jüdisches Leben seien immer jüdische Menschen selbst, die in Frieden und Sicherheit leben wollen. „Nur so können wir die 1.700 Jahre fortschreiben“, betonte sie. Es gebe keine jüdische Existenz ohne Sicherheit. „Dies dürfte nirgendwo so einleuchtend sein, wie an dieser Universität. Ich bin und bleibe Optimistin“, so Knobloch.
Militärbundesrabbiner Balla ist für alle da
Nach dem Grußwort von Präsidentin Knobloch sprach Militärbundesrabbiner Balla und stellte sich und seinen Familienhintergrund vor. „Ich bin ein Soldatenkind. Mein Vater war Offizier bei der ungarischen Armee. Ich habe viele Kasernen von innen gesehen.“ Seit 2021 ist Balla der erste Militärbundesrabbiner in der Bundeswehr. Er betonte, dass er kein Antisemitismusbeauftragter und auch nicht für die politische Bildung in der Truppe verantwortlich sei. „Ich bin Seelsorger für die jüdischen Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr. Bin aber auch gern Ansprechpartner über Konfessionsgrenzen hinweg. Zusammen und gemeinsam eine neue Zukunft aufzubauen sehe ich als meine Hauptaufgabe an. Das Judentum kann viel geben, nicht nur für jüdische Soldaten“, erklärte Balla. Zunächst stehe jedoch eine Aufbauarbeit für das Militärrabbinat auch mit weiteren Militärrabbinern im Vordergrund.
Im Anschluss nahmen die Studierenden die Gelegenheit zu einem regen Austausch mit dem Militärbundesrabbiner Balla und der Präsidentin Knobloch wahr. Die Diskussion und Fragerunde moderierte der Religionswissenschaftler Prof. Robert Langer von der Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften. Prof. Langer ist dort Angehöriger des Instituts für Kulturwissenschaften, das am 1. Oktober 2022 mit dem gleichnamigen Studiengang startet.
Titelbild (v. l. n. r.): Prof. Robert Langer, Präsidentin Dr. Charlotte Knobloch, Präsidentin Prof. Merith Niehuss und Militärbundesrabbiner Zsolt Balla (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)