Mit Plasma ins Weltall – ein elektr. leitfähiges Gas für Weltraummissionen

3 Februar 2020

Autor: Prof. Jochen Schein

Plasma: der vierte Aggregatzustand, ein elektrisch leitfähiges Gas. Was kann das sein?
Plasma und seine technische Anwendung, die Plasmatechnologie sind inzwischen integraler Bestandteil des täglichen Lebens, von der „Neonröhre“ und der „plasmabeschichteten Pfanne“ bis hin zur Plasmamedizin und der Herstellung von hochintegrierten Schaltkreisen werden Plasmen verwendet.

Ohne Plasmatechnologie gäbe es kein Smartphone, keinen Verbrennungsmotor aus Aluminium und in vielen Fällen noch nicht einmal sauberes Trinkwasser.

Das Institut Plasmatechnik in der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik beschäftigt sich mit vielen Aspekten der technischen Anwendung von Plasmen in der Materialwissenschaft und insbesondere in der Weltraumnutzung. Plasmen sind dabei die Grundlage für sogenannte „elektrische Antriebe“, die für verschiedenste Weltraummissionen bereits seit Jahrzehnten genutzt werden. Einen chemischen Antrieb (sprich: eine startende Rakete) hat jeder schon einmal gesehen und jeder weiß inzwischen, dass so eine Rakete vor allem aus Treibstoff besteht, (Ariane 5, Gesamtmasse 750t, Nutzlast (LEO) 18t).

Die Austrittsgeschwindigkeit bestimmt den Treibstoffbedarf

Dieser Treibstoffbedarf für eine Mission ist bedingt durch die Austrittsgeschwindigkeit des austretenden Gases. Je langsamer, desto mehr Treibstoff wird benötigt. Elektrische Antriebe erlauben es die Grenzen der Austrittsgeschwindigkeit gegenüber chemischen Antrieben um Größenordnungen zu erhöhen und damit Treibstoff einzusparen, was bei einigen, insbesondere lang andauernden Missionen besonders vorteilhaft ist. Ebenfalls ist es durch elektrische Antriebe möglich, sehr genaue Steuerungen zu vollziehen. Einen Schalter ein und auszuschalten ist einfacher als ein Ventil zu schließen. Natürlich sind solche Systeme nicht unproblematisch, da zum Teil sehr hohe Temperaturen entstehen und es auch zu Langzeiteffekten kommen kann, die die Effizienz solcher Systeme negativ beeinflussen. Das Institut beschäftigt sich mit solchen Effekten. Durch genaue Analyse von elektrischen Antrieben in simulierten Weltraumumgebungen werden diese Effekte untersucht, verstanden und Methoden zur Verbesserung entwickelt. Dieses geschieht derzeit vor allem im Auftrage der ESA. Aber auch komplette Neuentwicklungen von Antrieben werden hier durchgeführt, dafür ist natürlich ein grundlegendes Verständnis der Physik notwendig sowie ingenieurtechnisches Wissen, die erforschten Methoden auch praktikabel einsetzen zu können. Ein spannendes Thema und „cool“. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn der Weltraum ist kalt.


Titelbild: © Universität der Bundeswehr München / Michal Szulc