Podiumsdiskussion „What now, America?“: Die USA nach Trumps Wahlsieg

29 November 2024

Drei Wochen nach Donald Trumps Wahlsieg am 6. November 2024 diskutiert ein Expertenpodium an der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) über politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen.

Die von Dr. Ulrike Haerendel organisierte und moderierte Podiumsdiskussion am Abend des 27. November 2024 beleuchtete mögliche Folgen von Donald Trumps Wiederwahl als US-Präsident. Teil des Expertenpodiums waren Historikerin Prof. Hedwig Richter, Politikwissenschaftler Johannes Steup, der Head of Foresight beim Metis Institut für Strategie und Vorausschau an der UniBw M Dr. Konstantinos Tsetsos sowie Michael Eßig, Professor für allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Interessierte hatten die Möglichkeit, sowohl vor Ort als auch online an der Veranstaltung teilzunehmen.

Historische Wurzeln und ihre heutigen Auswirkungen

Prof. Hedwig Richter, Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der UniBw M, stellte die aktuellen politischen Entwicklungen in einen historischen Kontext. Sie stellte fest, dass Tendenzen, die wir heute beobachten, keineswegs neu sind, sondern ihre Ursprünge bereits im 19. Jahrhundert haben: „Die Selbsterzählung der USA als city upon a hill, als Stadt auf dem Berg, die allen als Vorbild leuchtet, zieht sich durch das ganze 19. Jahrhundert.“ Weiter erklärte sie: „Man grenzt sich hier stark ab und hält sich für ein außergewöhnliches Volk. Das hält sich sehr stark bis heute.“

Besonders prägnant wird für sie in der amerikanischen Geschichte, dass Demokratie nicht zwangsläufig liberale Demokratie bedeutet, sondern auch den Raum für Populismus, Faschismus und Nationalsozialismus eröffnet.

Micro-Targeting und Wählermobilisierung: Warum Trump 2024 erneut erfolgreich war

Johannes Steup ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Politikwissenschaft an der UniBw M und hat die Leitung des Use-Case "Wahlen" im Projekt SPARTA (Society, Politics and Risk with Twitter Analysis) an der UniBw M inne. Im Projekt SPARTA untersucht er mit einem Team Social Media-Plattformen etwa daraufhin, wie politische Akteure während des Wahlkampfs über spezielle Themen sprechen und wie sich der Diskurs innerhalb des Wahlkampfs verschiebt. Ein Blickfeld war auch die US-Wahl.

 „Es haben gar nicht so viel mehr Leute für Trump gewählt. 2020 hat er 74 Millionen Stimmen bekommen, 2024 waren es 76 Millionen. Biden hat 81 Millionen Stimmen erhalten, Harris 74 Millionen. Das heißt, die Demokraten hatten ein starkes Mobilisierungsproblem in diesem Wahlkampf. Egal, was sie versucht haben: Trump hat es besser geschafft, seine Wählerschaft anzusprechen und zur Wahl zu motivieren.“ Johannes Steup erklärte, dass ein wesentlicher Faktor, den sie in den sozialen Medien beobachteten, vor allem das gezielte Micro-Targeting war.

Fokus auf China und die Selbstständigkeit Europas

Head of Foresight beim Metis Institut für Strategie und Vorausschau an der UniBw M Dr. Konstantinos Tsetsos analysierte die geopolitische Lage nach der Wiederwahl von Donald Trump. Er hob hervor, dass China zunehmend im maritimen Bereich aufrüstet und global investiert, was die USA zu einer stärkeren Konzentration auf den Indopazifik zwingt. Dies habe zur Folge, dass Europa in geopolitischen Fragen, insbesondere in Nordafrika und an der NATO-Ostflanke, verstärkt auf sich selbst gestellt ist und „seine Hausaufgaben selber machen muss“. Trump müsse seinen Fokus ganz auf China richten, so Tsetsos. Er erklärte: „Die 2-Prozent-Debatte ist keine Strafe an den restlichen Westen, sondern ein Hilfegesuch. Bei der Durchsetzung der liberalen Weltordnung, die es seit 1945 gibt, und von der insbesondere Deutschland profitiert, gehen die USA zugrunde – und zwar politisch, innenpolitisch, weltpolitisch als auch ökonomisch.“

Wirtschaftliche Auswirkungen der „America First“-Politik

Prof. Michael Eßig, Professor für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Beschaffung und Supply Management an der UniBw M, brachte eine wirtschaftliche Perspektive in die Diskussion ein. Er erklärte, dass die wirtschaftspolitischen Maßnahmen unter Trump, insbesondere im Hinblick auf Handelsbeschränkungen und Zölle, den amerikanischen Binnenmarkt beeinflussen. Durch Zölle auf ausländische Waren werden amerikanische Produkte im Inland wettbewerbsfähiger und günstiger, was zu einer Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze führt. Allerdings führt die Politik auch zu einem Anstieg des Preisniveaus: Produkte, die in den USA hergestellt werden, könnten teurer werden, ebenso wie importierte Produkte, die durch Zölle verteuert werden. Dies hat Auswirkungen auf die amerikanische Wirtschaft und den internationalen Handel.

Auf der abschließenden Podiumsdiskussion beantworteten die Expertin und die Experten Fragen aus dem Publikum zu wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen der US-Politik auf Deutschland.


Titelbild: Expertinnen und Experten an der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) diskutieren über Auswirkungen von Donald Trumps Wahlsieg in den USA. (©UniBw M/Plank)