Gesprächsrunde: Diversität in der Bundeswehr – Religion

21 Juni 2024

„Religion wird oft mit Glaube gleichgesetzt; aber eigentlich kommt Religion erst durch Handlungen zustande.“ So erklärte es der Religionswissenschaftler und Professor an der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) Robert Langer zu Beginn der von ihm moderierten Gesprächsrunde über die Bedeutung von Religion bei der Bundeswehr. Auch das Gespräch drehte sich weniger um theologische Einordnungen, als um die Frage, wie man den ganz unterschiedlichen Bedürfnissen nach Spiritualität und Seelsorge im militärischen Dienst nachkommen kann.

Die Gesprächsrunde gehörte in eine Reihe, die im Rahmen des zweijährigen Diversity-Audits der UniBw M angestoßen wurde. Veranstalter waren die zivile Gleichstellungsbeauftragte und die Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften, die beim Thema Religion zudem mit der Militärseelsorge, in der Runde vertreten durch den evangelischen Militärdekan Jochen Bernhardt, zusammengearbeitet haben.

Bei der Diskussion um Religion mit rund 50 Gästen, darunter viele Studierende, im Stauffenbergsaal wurde schnell deutlich, dass moderne Militärseelsorge für die Vielfalt religiösen Lebens und die unterschiedliche Glaubenspraxis großes Verständnis mitbringt. „Religion bzw. Konfession spielt keine Rolle, wenn Menschen das Gespräch suchen“, konstatierte Rabbiner Konstantin Pal, dessen Botschaft allerdings nur verlesen wird, weil er nicht persönlich nach Neubiberg hatte kommen können. „Wir haben als Seelsorger eine Allzuständigkeit; wir haben keine konfessionellen Grenzen“, pflichtete Stefan Bauhofer bei, katholischer Militärpfarrer im Ausbildungszentrum CIR in Pöcking. Dennoch waren sich alle anwesenden Gesprächspartner einig, dass zur christlichen und jüdischen geistlichen Betreuung eigentlich noch die islamische kommen müsse – vielleicht ist das ja auch nur noch eine Frage der Zeit.

Einstweilen kann der Einsatzoffizier für Personalbildung beim CIR Oberleutnant Halil Topcuk auf seine wissenschaftlich und – in der Türkei aufgewachsen – auch biographisch erworbenen Kompetenzen beim Thema islamischer Religionsausübung setzen. Als weiterer Gesprächspartner in der Runde verwies er auf die Bedeutung der Empathie für jede Form der Seelsorge und Betreuung: „Um Soldaten begleiten zu können, muss man auch wissen, wie Soldat sein sich anfühlt.“ Und das umso mehr, als es bei der Bundeswehr um die ganz existentiellen Fragen von Leben und Tod gehen kann. Hier entfaltet die Religion ihren „Mehrwert“, wie ein Beteiligter in der sehr angeregten Diskussion im Stauffenbergsaal es benannte. „Insbesondere die Auslandseinsätze prägen jetzt stark den Charakter der Bundeswehr“, meinte Jochen Bernhardt. Und in solchen Einsätzen stellt sich für viele Soldaten die Frage nach dem Glauben nochmal neu und drängender als in der scheinbar säkularisierten Welt zuhause.


Titelbild (v. l. n. r.): Prof. Langer, Militärdekan Bernhardt, Oberleutnant Topcuk, Militärpfarrer Bauhofer sowie Pamela Koch und Eva Olschewski von der zivilen Gleichstellungsstelle (© Universität der Bundeswehr München/Haerendel)