Kläranlagen leisten wichtigen Beitrag zur Energiewende
2 Januar 2023
Das Forschungsverbundprojekt FLXsynErgy unter Leitung von Prof. Christian Schaum beschäftigt sich mit der Flexibilisierung der Biogaserzeugung auf Kläranlagen.
Kläranlagen sorgen mit der Reinigung von Abwasser für den Erhalt der hohen Wasserqualität von Gewässern und verhindern zudem die Verbreitung von Krankheiten. Darüber hinaus erzeugen Kläranlagen auch Energie und leisten somit einen Beitrag zur Energiewende. Das Forschungsverbundprojekt FLXsynErgy unter Leitung von Prof. Christian Schaum (Professur für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik) beschäftigt sich mit der Flexibilisierung der Biogaserzeugung auf Kläranlagen.
Speicherung der Energie ist ein wichtiger Baustein
Kläranlagen sind mit die grössten Energieverbraucher im kommunalen Bereich. Um das Abwasser so zu behandeln, dass die strengen Grenzwerte zur Einleitung in das Gewässer eingehalten werden, benötigen sie viel Strom. Allerdings erzeugen Kläranlagen auch Energie, indem sie die dort anfallende Biomasse, den Klärschlamm, zu Biogas umwandeln. Dieses Gas kann im Blockheizkraftwerk zu Strom und Wärme transformiert werden. Im Optimalfall kann die Kläranlage den Eigenbedarf vollkommen decken. Die Speicherung der Energie ist dabei ein wichtiger Baustein: „Wenn man z. B. um 12 Uhr Strom braucht, würde man bedarfsgerecht die Klärschlämme zugeben und zu diesem Zeitpunkt Gas produzieren und verstromen“, so Prof. Schaum. Auch Wärme kann bedarfsgerecht entsprechend der Jahreszeiten genutzt werden, da der beheizte Faulbehälter zugleich als saisonaler Wärmespeicher eingesetzt werden kann. Neben der Deckung des Eigenbedarfs an Strom und Wärme bzw. Kälte ist auch eine Bereitstellung an externe Verbraucher möglich. Das vorhandene Potenzial zur Flexibilisierung der Energiebereitstellung wird bislang größtenteils nicht voll ausgeschöpft.
Netzstabilität unterstützen
Mit den Blockheizkraftwerken in Kombination mit den Gasspeichern bzw. den Notstromaggregaten können Kläranlagen zur Stabilität des Stromnetzes beitragen. Um diese sicherzustellen, wird eine immer gleiche Frequenz von 50 Hz benötigt. Bei Abweichungen hiervon kann bei der Teilnahme am Regelenergiemarkt vom Netzbetreiber die Leistung der Aggregate gedrosselt bzw. gesteigert werden. „Das setzt eine hohe Flexibilität voraus und auch hier können Kläranlagen mit am Markt agieren. Genau damit beschäftigen wir uns beim Projekt FLXsynErgy,“ erklärt Prof. Schaum.
Flexibilisierung ganzheitlich betrachtet
FLXsynErgy (Flexible und vollenergetische Nutzung biogener Rest- und Abfallstoffe: Faulungen und Biogasanlagen als Energieverbraucher, -speicher und -erzeuger) ist ein von der Universität der Bundeswehr München koordiniertes Verbundprojekt. Es verfolgt den ganzheitlichen Ansatz, die Flexibilisierung von Kläranlagen zu untersuchen, den Wissenstransfer zwischen Biogas- und Kläranlagen zu fördern sowie rechtliche, umwelt- und sozialethische Konfliktpotenziale frühzeitig zu erkennen und gemeinsame Lösungsansätze zu entwickeln. Das dreijährige Forschungsvorhaben läuft seit Oktober 2020 und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms im Themenfeld „Energetische Nutzung biogener Rest- und Abfallstoffe“ gefördert.
Anwenderbezogener Leitfaden als Hauptziel
Ziel von FLXsynErgy ist die Erarbeitung eines anwenderbezogenen Leitfadens zur Flexibilisierung der Biogaserzeugung auf Kläranlagen. Im Fokus steht dabei die vollenergetische Nutzung (Strom und Wärme) von Klärschlämmen sowie biogenen Rest- und Abfallstoffen. Die Kläranlage kann somit als Energiespeicher, flexibler Energieverbraucher und -erzeuger einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Prof. Schaum bekräftigt: „Wenn man es runterbricht bedeutet das: Jeder, der eine Toilette benutzt, leistet einen Beitrag dazu, mehr Energie zu erzeugen“. Dieses Bewusstsein und die Verknüpfung von Wasser und Energie sei bislang nur wenig präsent.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Neben der Universität der Bundeswehr München sind am Projekt FLXsynErgy die Deutsches Biomassenforschungszentrum gemeinnützige GmbH, die Hochschule für Philosophie München (HfPh) sowie die Dr.-Ing. Steinle Ingenieurgesellschaft für Abwassertechnik mbH und die Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mbB beteiligt. Das Forschungskonsortium wird zusätzlich von acht assoziierten Partnern unterstützt, die vor allem im Bereich der Abwasserbehandlung tätig sind. Die Besonderheit des Projekts ist vor allem, dass durch die Beteiligung der HfPh nicht nur die technische Fragestellung im Fokus steht, sondern auch die sozialethische Fragestellung über die Aufgabe von Kläranlagen in Bezug auf das Energiesystem.
Mehr Informationen und die Möglichkeit über das Thema zu diskutieren, gibt es auf der digitalen Diskussionsplattform zur sozial-ökologischen Transformation Digilog >
Titelbild: Bettina Steiniger von der Professur für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik bei der Durchführung der Forschungsarbeiten an Laborfaulungen im Rahmen des Projekts FLXsynErgy.
© Universität der Bundeswehr München