Ein junger Studiengang Kulturwissenschaften etabliert sich

30 Oktober 2023

Zur feierlichen Vorstellung des neuen Studiengangs Kulturwissenschaften am 26. Oktober 2023 waren viele Angehörige der Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften und nahezu geschlossen die Angehörigen des neuen Instituts für Kulturwissenschaften in das Universitätscasino gekommen. Mit dabei waren ferner der Vizepräsident Prof. Karl-Heinz Renner als Vertreter der Präsidentin Prof. Eva- Maria Kern sowie ihre Vorgängerin Prof. Merith Niehuss. Durch die Veranstaltung führte Prof. Martin Welz.

So machte Prof. Welz zum Auftakt allen klar, dass es an diesem Abend keine Urkunden zum Unterschreiben gebe und auch kein Band durchschnitten werde. Dafür gebe es aber einen angemessenen Rahmen mit einem interessanten Programm, um den neuen Studiengang vorzustellen und die Anstrengungen für seinen Aufbau zu würdigen.

Die Universität der Bundeswehr München hat unter dem Dach der Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften zum 1. Oktober 2022 einen transdisziplinären kulturwissenschaftlichen Studiengang (B. A. / M. A.) mit sechs Kernprofessuren eingerichtet. Gegenstand des Studiums ist die wissenschaftliche Analyse kultureller Phänomene in historischer und sozialwissenschaftlicher Perspektive. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den vielfältigen Beziehungen zwischen Afrika, dem Mittelmeerraum und Europa.

Prof. Welz erklärte in seiner Einführung, dass nach einem Jahr Praxistest nun der richtige Zeitpunkt für eine öffentliche Vorstellung gekommen sei, da das Studium mit dem 2. Jahrgang gerade frisch gestartet habe. Startete der erste Jahrgang noch mit sieben Studierenden, so waren es beim zweiten Jahrgang bereits 25.

Starker Peacekeeping-Ansatz

Vizepräsident Prof. Karl-Heinz Renner sprach ein Grußwort und betonte den starken Peacekeeping-Ansatz des Studiengangs. Prof. Renner betonte auch die Verdienste der ehemaligen Präsidentin Prof. Merith Niehuss, die diesen Studiengang auch gegen Widerstände durchgesetzt habe. Als Doktorand habe sich Prof. Renner in einem Forschungsprojekt bereits mit den Kulturwissenschaften beschäftigt. Neben dem Schwerpunkt der vielfältigen Verflechtungen zwischen Nordafrika und Europa sei das Erlernen der französischen und arabischen Sprachen ein wesentliches Element dieses Studiengangs. Die aktuelle Konfliktlage zeige laut Prof. Renner die Notwenigkeit des Ansatzes. „Das Institut hat den Studiengang mit großer Leidenschaft entwickelt. Dafür vielen Dank an die Fakultät“, schloss der Vizepräsident sein Grußwort.

Auch die Bundeswehr profitiert

Der Dekan der Fakultät Prof. Marc Frey wies in seiner folgenden Rede besonders auf die Attraktivität des neuen Studiengangs für künftige Studierende hin. Mit dem neuen Studiengang habe die Universität ein breiteres Angebot und einen höheren Anreiz für potenzielle Studierende. In seiner Gestaltung und Prägung sei er in Deutschland eine Seltenheit. Auch die Bundeswehr profitiere von den erworbenen Kenntnissen des Studiengangs: „Das Nachdenken über Kulturen stärkt das Führungsverhalten. Konflikte verhindern und Risiken minimieren, das seien die klassischen Peacekeeping-Aufgaben“, erklärte Prof. Frey. Bei der ehemaligen Präsidentin Prof. Niehuss bedankte sich Prof. Frey für ihr Engagement für den Aufbau des Studiengangs.

Neben den Reden und Grußworten war die Vorstellung der einzelnen Professuren ein zentrales Element des Abends. Dazu waren alle Professorinnen und Professoren mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf die Bühne gekommen, um die Forschungs-schwerpunkte kurz vorzustellen.

Dies sind im Einzelnen die Professuren (teilweise mit Vertreterinnen und Vertretern):


Alle Professoren und Mitarbeitenden des neuen Studiengangs Kulturwissenschaften

Bauen den neuen Studiengang weiter auf: Alle Professorinnen und Professoren mit ihren Mitarbeiterinnnen und Mitarbeitern (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)


Der Festvortrag als Denkanstoß

Als letzter Programmpunkt der Veranstaltung folgte der Festvortrag der international renommierten Kulturwissenschaftlerin Prof. Aleida Assmann zum Thema „Kann man Vergangenheit reparieren? Gespaltene Gesellschaften und gegensätzliche Narrative“. Prof.  Assmann erhielt 2018 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Prof. Assmann ging in ihrem Vortrag der Frage nach, unter welchen Rahmenbedingungen Peacekeeping und nachhaltiger Frieden möglich sei. Denn laut Prof. Assmann sei Frieden nicht gleich Frieden, dies zeige gut die Zeit nach dem 1. Weltkrieg.

Unterschiedliche Perspektiven auf Nationalfeiertage

Anhand von Beispielen von Nationalfeiertagen zeigte Prof. Assmann die Spaltung von Gesellschaften auf, deren Bevölkerungsteile den Anlass des Nationalfeiertags völlig unterschiedlich bewerten. So sei der 26. Februar der australische Nationalfeiertag, um das moderne Australien seit 1788 zu feiern. Diese werde vor allem von Weißen gefeiert. 1788 betraten erstmals Weiße den fernen Kontinent. Die indigenen Bevölkerungsteile sehen dieses Datum als den Tag der Invasion, da deren Vorfahren bereits seit 60.000 Jahren den Kontinent besiedeln. Es gebe laut Prof. Assmann jedoch einen positiven Trend in Australien, der es ermöglicht, dass auch die Stimmen der indigenen Bevölkerung mehr und mehr gehört werden. Es sei aber ein langer Weg, wie eine aktuelle Abstimmung der australischen Bevölkerung erst im Oktober 2023 gezeigt habe. 60 Prozent der Wählerinnen und Wähler sprachen sich gegen einen stärkeren Einfluss durch die indigenen Bevölkerungsteile aus.

Aber auch in Deutschland gibt es das große Thema der Geschichte. So werden die Überlebenden des Holocaust laut Prof. Assmann mehr und mehr gehört. Dies sei jedoch erst in den letzten Jahrzehnten spürbar und erlebbar. In den Jahren direkt nach dem Kriegsende 1945 beherrschte die deutsche Bevölkerung vor allem der Wille der Verdrängung. Prof. Assman zitierte Nolte der von „Geschichte die nie vergeht“ sprach. Eine zentrale und abschließende Botschaft des Festvortrages lautete: „Nur durch Erinnerung können Wunden heilen.“ Anschließend begaben sich alle Gäste des Abends zum Empfang, um die zahlreichen Impulse und inhaltlichen Anregungen der Veranstaltung lebhaft zu diskutieren.


Titelfoto (v. l. n. r.): Prof. Marc Frey, Prof. Aleida Assmann, Prof. Merith Niehuss und Prof. Karl-Heinz Renner (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)