Radio-Science-Technik: Messungen auf dem roten Planeten
9 Juli 2021
Dr. Tom Andert vom Institut für Raumfahrttechnik an der UniBw M untersucht geophysikalische Eigenschaften von Planeten, Kometen und Asteroiden mithilfe der Radio-Science-Technik.
Jede Raumsonde verfügt über ein Kommunikationssystem, mit dem wissenschaftliche Daten zur Erde übertragen oder Kommandosequenzen der Bodenkontrolle empfangen werden können. Mit Hilfe der sogenannten Radio-Science-Technik kann das Kommunikationssystem auch als wissenschaftliches Instrument genutzt werden, um Planeten, Asteroiden und Kometen in unserem Sonnensystem zu erforschen.
Am Institut für Raumfahrttechnik der Universität der Bundeswehr München ist Laborleiter Dr. Tom Andert an Radio Science Experimenten verschiedener interplanetarer Missionen sowohl der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA, als auch der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA beteiligt, so z.B. an der aktuellen Mars Express Mission der ESA. Anderts Forschungsschwerpunkt liegt dabei in der Bestimmung von geophysikalischen Eigenschaften von Planeten, Kometen und Asteroiden mithilfe der Radio Science Technik. Dazu gehören zum einen die Eigenschaften der Oberflächen der Himmelskörper wie deren Rauheit und zum anderen die Bestimmung von Masse, Dichte, Schwerefeld, innerem Aufbau und den Bahnen von Planeten, Monden, Kometen und Asteroiden.
Untersuchung der Ausbreitung ultrastabiler Radiosignale im Weltraum
Bei der Radio Science Technik wird ein Radiosignal – also eine elektromagnetische Welle – mit einer Frequenz im Bereich von mehreren Gigahertz (GHz) ausgesendet. Eine Bodenstation auf der Erde zeichnet Daten wie Empfangszeit, Frequenz und Amplitude des Signals auf. Eine Änderung der Signalfrequenz kann durch Änderung der Geschwindigkeit der Raumsonde verursacht werden. Dieses Phänomen ist als "klassischer Dopplereffekt" bekannt. Hier auf der Erde tritt dieser beispielsweise auf, wenn ein Krankenwagen mit eingeschaltetem Martinshorn vorbeifährt. Beim Vorbeifahren ändert sich die Tonhöhe der Sirene – hervorgerufen durch die relative Geschwindigkeitsänderung zum Beobachter. Eine Änderung der Frequenz oder der Signalstärke wird auch ausgelöst, wenn ein Radiosignal ein Medium wie die Atmosphäre eines Planeten durchquert. Auch die Reflexion eines Radiosignals an der Oberfläche eines Planeten kann die Amplitude und Polarisation des Signals verändern.
Erste europäische Mission zum Mars
Mars Express ist die erste europäische Mission zum roten Planeten, sie startete am 2. Juni 2003 von der Startrampe Baikonur in Kasachstan. Die Raumsonde trat am 25. Dezember 2003 erfolgreich in eine Umlaufbahn um den Mars ein. Mars Express ist im Moment die einzige Raumsonde, die aufgrund ihres elliptischen Orbits nahe Vorbeiflüge an den Marsmonden Phobos und Deimos durchführen kann. Für die ursprüngliche Missionsdauer war eigentlich ein Marsjahr, also 687 Erdtage vorgesehen. Derzeit befindet sich die Raumsonde in der achten Missionsverlängerung bis zum 31. Dezember 2022.
Das Mars Express Radio Science Experiment MaRS, an dem Andert beteiligt ist, konnte unter anderem die Masse des Marsmondes Phobos bei mehreren nahen Vorbeiflügen bestimmen. Bei zwei sehr nahen Vorbeiflügen war es sogar möglich die Schwerefeldkoeffizienten festzulegen. Somit war es möglich Aussagen über den inneren Aufbau von Phobos zu treffen. Damit konnten auch mögliche Theorien für die Entstehung von Phobos eingegrenzt werden.
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