Professoren der UniBw M zur Begutachtung von Behelfsbrücken im Ahrtal
13 August 2021
Die Bauingenieure Prof. Thomas Braml und Prof. Max Spannaus unterstützten die Bundeswehr beim Einsatz im Katastrophengebiet mit ihrer Fachexpertise zu Behelfsbrücken.
Bei der Hochwasser-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Juli 2021 sind Schäden bisher ungekannten Ausmaßes entstanden. Nicht nur sind über 180 Todesopfer zu beklagen, auch haben zahlreiche Menschen ihre Häuser, Wohnungen und ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Innerhalb weniger Stunden wurden durch die Wassermassen Ortschaften oder Ortsteile von ihrer Umgebung abgeschnitten, da Straßen, Verbindungswege und vor allem auch Brücken zerstört wurden. Nachdem das Wasser langsam gewichen war, konnten die Menschen vor Ort recht schnell feststellen, wie schlimm es um die Infrastruktur steht. Um die Menschen zu versorgen, aber auch um mit den umfangreichen Aufräumarbeiten und dem Wiederaufbau beginnen zu können, wurden insbesondere Behelfsbrücken dringend benötigt.
Bundeswehr leistet Amtshilfe im Hochwassergebiet
Die Bundeswehr war zusammen mit zivilen Hilfsorganisationen wie dem Technischen Hilfswerk schnell in den betroffenen Gebieten im Einsatz und unterstützt die Bevölkerung bis heute mit schwerem Gerät. Sie verfügt über mittlere Trägerbrücken (MGB), die innerhalb von ein bis zwei Tagen aufgebaut werden können. Diese werden an verschiedenen Stellen entlang des Flusses Ahr als Notverbindung genutzt, an denen die bisherigen Brücken weggerissen wurden. Um der Bevölkerung zu helfen, sollten diese Brücken schnell auch für den zivilen Straßenverkehr genutzt werden können.
Auf Anfrage des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) fuhren die beiden Professoren der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften an der Universität der Bundeswehr München, Prof. Braml und Prof. Spannaus ins Ahrtal um die dort genutzten militärischen Behelfsbrücken zu begutachten. Denn der große Vorteil dieser Brücken für den militärischen Gebrauch, die schnelle Aufbauzeit, sorgt für einen Nachteil, wenn sie anderweitig genutzt werden müssen. Im Ahrtal sind die Bevölkerung sowie die Helferinnen und Helfer auf die Brücken für den täglichen Gebrauch angewiesen. Durch die zivile Nutzung werden die Behelfsbrücken wesentlich stärker beansprucht als durch die ursprünglich vorgesehene militärische.
Prof. Braml erklärt, dass es zu Ermüdungserscheinungen bei den Brücken kommen kann, wenn täglich mehrere Hunderte Fahrzeuge darüberfahren. Um dennoch die Sicherheit für alle Brückennutzer zu gewährleisten, wurden die beiden Brückenbauprofessoren zur Begutachtung in statisch-konstruktiver Hinsicht hinzugezogen.
Vor Ort prüften sie den ordnungsgemäßen Aufbau dreier Brücken in den Ortschaften Rech, Liers und Insul. Mit den Verantwortlichen der Bundeswehr wurde besprochen, unter welchen Bedingungen die Brücken für eine zivile Nutzung freigegeben werden können. Bei einer der drei Brücken mussten weitere Maßnahmen zur Sicherung vorgenommen werden.
Prof. Max Spannaus (1.v.l.) und Prof. Thomas Braml (2.v.r.) bei der Planung von Maßnahmen zur Anpassung der MGB (© BAAINBw)
Sichere Nutzung nach Freigabe möglich
Nach der Umsetzung der von den Professoren vorgeschlagenen Maßnahmen können alle drei Brücken nun von zivilen Fahrzeugen bis zu einem Gesamtgewicht von max. 30 t (in Rech auch bis zu 40 t) genutzt werden. Für die Bevölkerung sowie die Helferinnen und Helfer bedeutet dies eine enorme Entlastung für ihren Alltag im Katastrophengebiet. Die militärischen Behelfsbrücken sollen so lange eingesetzt werden, bis sie durch zivile Behelfsbrücken ersetzt werden können. Deren Aufbau dauert insgesamt länger, weswegen die Brücken der Bundeswehr als erste Notmaßnahme perfekt geeignet sind. Die zivilen Behelfsbrücken werden mit einem anderen Auflager gebaut, was einige Tage in Anspruch nimmt. Somit sind sie aber für die dauerhafte Belastung besser geeignet.
Besondere Verkehrsregeln zu beachten
Auf den militärischen Brücken müssen einige besondere Verkehrsregeln beachtet werden, so darf zum Beispiel nicht gebremst oder ein Gangwechsel vorgenommen werden. Denn durch die dabei wirkenden horizontalen Kräfte könnte sich die Brücke verschieben. Außerdem gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h. Um die Nutzung auch für Passanten sicher zu stellen mussten noch Geländer angebracht werden, die bei der militärischen Nutzung nicht vorgesehen sind.
Die Brücken wurden mittlerweile zur zivilen Nutzung freigegeben und an den Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz übergeben. Durch diesen werden sie nun regelmäßig weiter überprüft um Schäden schnell feststellen zu können. Nach Empfehlung der beiden Universitätsprofessoren sollten die militärischen Behelfsbrücken spätestens zum Einbruch des Winters abgebaut werden, da ihr Belag nicht für eine sichere Nutzung bei nasskalter Witterung gemacht sei.
Nach ihrem Einsatz im Ahrtal zeigten sich die Wissenschaftler sehr beeindruckt von der Solidarität der Bevölkerung und dem professionellen Krisenmanagement der Hilfskräfte vor Ort. Die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und den zivilen Helferinnen und Helfern hat außerordentlich gut funktioniert und die Dankbarkeit der Betroffenen für die Hilfe war deutlich zu spüren, so Braml und Spannaus.
Titelbild: © BAAINBw