Fahrsimulationen
Fahrsimulatoren mit einer realistischen Umsetzung der visuell wahrnehmbaren Verkehrsumwelt, mit realistischen Fahrzeugbewegungen (Längs- und Querbeschleunigung) und einer adäquaten Akustik sind sowohl beim Bau als auch im Unterhalt extrem teuer.
Eine Alternative stellt das „Vehicle in the Loop“ (VIL) dar, das die virtuelle Sicht eines Simulators mit dem realen Fahreindruck in einem Fahrzeug verbindet. Fahrer*innen fahren in einem realen Fahrzeug auf einem Testgelände, sehen aber eine virtuelle Welt.
Durch Positions- und Orientierungsverfolgung des Versuchsfahrzeugs sowie des Kopfs der Fahrer*innen wird ihnen der korrespondierende Ausschnitt der virtuellen Realität (VR) angezeigt.
Für das VIL existieren derzeit drei Auslegungsvarianten:
Anzeige der VR in einem „Head Mounted Display“ (HMD). Das Bild zeigt die Sicht der Fahrer*innen und den Blick durch die Windschutzscheibe auf die reale Strecke, auf der sich das Fahrzeug bewegt:
Projektion der virtuellen Welt in die abgedeckte Windschutzscheibe mittels Weitwinkelprojektor
Zusätzliche Flachbildschirme vervollständigen den Blick auf die simulierte Welt durch die linke und die rechte Seitenscheibe
Bei den Konzepten ist es nicht möglich, das reale Fahrzeugumfeld wahrzunehmen. Deswegen wird eine Freifläche/ Teststrecke benötigt, auf welcher das VIL gefahrenlos bewegt werden kann. An der UniBw M wird das VIL auf dem Universitäts-Testgelände bewegt. Hierfür wurde eine virtuelle Umgebung erstellt, welche den realen Straßenverläufen des vorhandenen Geländes nachempfunden ist.
Das VIL bietet durch die Fusion eines Simulators mit einem real fahrenden Fahrzeug alle Vorteile, die normale Fahrsimulatoren mit sich bringen. So können kritische Verkehrssituation beliebig oft reproduziert werden, ohne dabei Personen zu gefährden. Durch die reale Bewegung des Fahrzeuges wird zudem der größte Nachteil von herkömmlichen Simulatoren, nämlich die nur zum Teil realistisch simulierte Fahrdynamik, eliminiert.
Über virtuelle Sensormodelle wird zudem eine Schnittstelle, die es ermöglicht, die Fahrsituation in der virtuellen Welt zu erfassen, zur Verfügung gestellt. Durch Anbindung der Sensormodelle an die realen Steuergeräte des Fahrzeuges wird dieses mit in den Regelkreis eingebunden. Dies ermöglicht eine kostengünstige Entwicklung und sichere Evaluation von neuen Fahrerassistenzsystemen, bevor diese in realen Szenarien getestet werden.
Entwicklung des Vehicle in the Loop
Ursprünglich wurde das VIL von Th. Bock im Rahmen einer Dissertation bei Audi entwickelt. Anschließend übernahm die Carmeq GmbH das VIL. Im Rahmen einer Kooperation des IfA mit der Carmeq GmbH wurde das VIL an der UniBw aufgebaut und weiter entwickelt.
Literatur:
Berg, Guy: "Das Vehicle in the Loop – Ein Werkzeug für die Entwicklung und Evaluation von Fahrerassistenzsystemen". Dissertation Universität der Bundeswehr München, 2014.
Berg, Guy; Färber, Berthold: "Vehicle in the Loop". In: Winner, Hermann; Hakuli, Stephan; Lotz, Felix; Singer, Christina (Hrsg.): "Handbuch Fahrerassistenzsysteme – Grundlagen, Komponenten und Systeme für aktive Sicherheit und Komfort". ATZ-MTZ-Fachbuch. Springer Vieweg Wiesbaden, 20153, S .155-163.
Popp, Michael M.; Färber, Berthold: „Simulation of the Acoustics of Truck-Driving“. In: Brookhuis, Karel; de Waard, Dick; Weikert, Clemens (Hrsg.), „Simulators and Traffic Psychology, Proceedings of the Human Factors and Ergonomic Society Annual Meeting 1996, Groningen, the Netherlands”, Centre for Environmental and Traffic Psychology, University of Groningen. 1997. S. 83-91.