3 Fragen an Prof. Silja Hoffmann

Liebe Frau Prof. Hofmann, was war bisher Ihr spannendstes berufliches Projekt an der Universität?

Eins meiner spannendsten Projekte ist mein aktuelles Dtec-Projekt. Im Projekt MORE, was für Munich Mobility Research Campus steht, bauen wir einen Mobilitätsforschungscampus an der Uni auf. Wir wollen neue Lösungen für unsere Mobilität nutzerorientiert entwickeln, am Campus erproben und die Wirkungen analysieren. Spannend finde ich daran, das Thema Forschung greifbar und anwendungsorientiert zu machen. Wir arbeiten interdisziplinär zusammen und da ist es erst einmal sehr spannend,  die verschiedenen Blickwinkel der beteiligten Forschungsbereiche auf das Thema Mobilität zu verstehen und zu erkennen: Wenn wir das zusammen anpacken, dann können wir etwas tolles Neues schaffen. Dazu gehört neben den inhaltlichen Aspekten auch, gemeinsam Projektstrukturen zu etablieren, Teams aufzubauen und die Zusammenarbeit zu fördern.

 

Wie war für Sie der Einstieg in eine „Männerdomäne“?

Ich habe Bauingenieurwesen studiert, das ist wohl so eine „Männerdomäne“, aber bei der Wahl meines Studiums war dies keine Randbedingung, die mich beeinflusst hat. Ich habe überhaupt keine negativen Erfahrungen in einer „Männerdomäne“ gemacht und mache mir auch nicht jeden Tag Gedanken darüber, dass ich die beispielsweise noch die einzige Professorin in der BAU-Fakultät bin. Das fällt mir eher im Alltag an Formulierungen wie „sehr geehrte Kollegin, sehr geehrte Kollegen“ auf.

Ich weiß, dass Gleichberechtigung in meiner Generation ein anderes Thema als in den Generationen vor mir ist, deshalb möchte ich mit meiner Erfahrung nicht kleinmachen, was Generationen von Frauen vor mir geleistet haben. Ich möchte mich dafür bedanken, denn wahrscheinlich kann ich mich jetzt in ein gemachtes Nest setzen. Ich möchte das Mann-Frau-Sein gar nicht so instrumentalisieren, sondern auf eine andere Ebene heben, auf der wir meiner Meinung nach in der Gesellschaft auch schon zumindest in vielen Teilen sind.

Ich weiß aber auch, dass ich da in „meiner Welt“ großes Glück habe und dass es nicht in allen Bereichen so ist und stetige Auseinandersetzung mit dem Thema nach wie vor wichtig ist. So nervig Gendern sein kann, setzt Sprache immer einen Rahmen – bei „Arzt“ z.B. denkt man in erster Linie an einen männlichen Arzt. Und das dürfte doch eigentlich nicht mehr unser Ziel sein. Wichtig ist es, sich im Alltag eines „Framings“ bewusst zu werden.

 

Welche Frau hat Sie persönlich oder beruflich inspiriert?

Es gibt viele Frauen, die den Weg geebnet haben. Ich hatte das Glück, lange Zeit einen männlichen Chef zu haben, der keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen gemacht hat, das war wichtig für meine Karriere. Vor allem aber auch die Möglichkeit, dass ich – als die Familiengründung Thema wurde – auch familienfreundlich arbeiten konnte. Wenn hinderliche Strukturen vorherrschen, kann die „Männerdomäne“ eher zum Problem werden.

Ich finde es spannend und immer wieder eine Inspiration, Biografien anderer Frauen kennenzulernen. Ich habe letztens in den STERN-Podcast „Die Boss – Macht ist weiblich“ hineingehört, in dem die ehemalige Lufthansa-Vorstandsvorsitzende Simone Menne verschiedene andere weibliche Führungspersönlichkeiten interviewt.

Wenn man zum Beispiel einen Blick in Frau von der Leyens Leben wirft, denkt man sich schon: Wie hat sie das geschafft? – Die Erfahrungen, die sie gemacht hat, um unsere Gesellschaft voranzubringen, als Familienministerin und später als Verteidigungsministerin, ihre positive Wirkung in diesen Bereichen als Frau, Chefin und Mutter.

Das Geheimnis ist für mich letztendlich, so zu sein wie man ist! Dazu gehört für mich, unabhängig von den Kategorien Frau und Mann zu denken und zu handeln – auch z.B. in der Mitarbeiterführung. Ich habe insgesamt ein sehr vielfältiges Team und das finde ich gut. Dass unsere Verteilung 50-50 ist, war eher Zufall, weil ich keinen Unterschied zwischen Mann und Frau mache – ich nehme einfach die Besten.

Das Interview führte Eva Olschewski

 

Hier finden Sie den Begleitartikel.

DTEC.Bw ist das neue Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr, das als Bestandteil des Konjunkturprogramms der Bundesregierung zur Überwindung der Covid19-Krise 2020 von beiden Bundeswehruniversitäten gegründet wurde.

Zur Person

Prof. Silja Hoffmann forscht seit Februar 2019 am Institut für Verkehrswesen zur Mobilität der Zukunft: Mit ihrem Team arbeitet die Verkehrsingenieurin daran, das Mobilitätsverhalten von Menschen zu verstehen und neueste Technologien sinnvoll für Verkehrssysteme einzusetzen.

Nach ihrem bauingenieurwissenschaftlichen Studium war Frau Prof. Hoffmann zunächst in der Verkehrsforschung der BMW AG tätig, berufsbegleitend studierte sie Wirtschaftsingenieurwesen. Bis 2018 leitete Frau Prof. Hoffmann an der TU München eine Forschungsgruppe für Modellierung und Simulation – sie promovierte dort 2013 zum Thema Simulation und Wirkungsermittlung fahr- und verkehrssicherheitsrelevanter Fahrzeug- und Verkehrssysteme. 2015 machte sie sich selbständig. Silja Hoffmann ist Gründungspartnerin der Münchner Beratung MobilityPartners. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Bild: privat; grafische Gestaltung: Elisabeth Greber