100 Jahre Frauenwahlrecht: Ein langer Weg zur Gleichberechtigung
26 November 2018
„Frauen und Männer sind gleichberechtigt“. Diesem Grundrecht, welches erst 1949 mit Artikel 3 in das Grundgesetz aufgenommenen wurde, ging ein jahrzehntelanger Kampf der Frauenbewegung voraus.
Einer der wichtigsten Schritte für die Gleichberechtigung der Geschlechter war der Erfolg im November 1918: Am 12. November 1918 proklamierte der Rat der Volksbeauftragten das künftige demokratische, allgemeine, geheime und direkte Wahlrecht aller und damit die Möglichkeit der Frauen erstmals selbst wählen zu gehen (aktives Wahlrecht), als auch das Recht, sich als Kandidatin aufstellen zu lassen, also wählbar zu sein (passives Wahlrecht). Dieser historische Moment und sein 100-jährigen Bestehen werden in diesem Jahr vielerorts gefeiert.
Der Kampf um das Wahlrecht
Bereits im 19. Jahrhundert setzen sich viele Frauen und Frauenvereine für ihre politischen Rechte ein. Sie schufen damit ab den 1890er Jahren die Grundlage für die organisierte Frauenbewegung.
Der erste Weltkrieg beendete jedoch zunächst den Kampf um das Frauenwahlrecht. Ab 1917 formierte sich dennoch ein Frauenbündnis, das für das Frauenwahlrecht kämpfte. Mit der Novemberrevolution am 9. November wurde die Republik ausgerufen und drei Tage später zeigte die Arbeit jahrzehntelanger Bemühungen durch die Frauenbewegung ihren Erfolg. Am 12. November wurde das demokratische Wahlrecht proklamiert, am 30. November trat die Verordnung über die Wahl zur verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung in Kraft. Von nun an galt: „Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens zwanzig Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen.“
Frauen in der Politik
Die Wahl zur Weimarer Nationalversammlung am 19. Januar 1919 war die erste reichsweite Wahl, in der Frauen das aktive und passive Wahlrecht innehatten. 82% der Frauen nutzen ihr Wahlrecht. In der Folge zogen 37 Frauen ins Parlament ein und machten damit einen Anteil von 9% aus.
Das Frauenwahlrecht alleine konnte jedoch keine allgemeine Gleichberechtigung bringen. Es etablierte sich vielmehr eine politische Arbeitsteilung, durch die Frauen auf bestimmte Politikbereiche festgelegt wurden (bis heute kann die Bundesrepublik Deutschland noch keine Finanzministerin verzeichnen, wohingegen die Position als Bundesministerin/Bundesminister für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, welche in dieser Form seit 1994 besteht, durchgehend von Frauen besetzt wurde). Aber das Frauenwahlrecht war einer der ersten wichtigen Schritte, der die politische Landschaft in Deutschland veränderte und den ersten Schritt zur Gleichberechtigung lieferte.
Heute ist es kaum vorstellbar, dass die Einführung des Frauenwahlrechts gerade einmal 100 Jahre zurückliegt. Im internationalen Vergleich war Deutschland damit jedoch sogar einer der ersten Staaten mit einem allgemeinen Wahlrecht. Den Start machte Neuseeland 1893, gefolgt von Australien 1902. In Australien galt das Wahlrecht jedoch nur für weiße Frauen und Männer. Aboriginal Australians wurden erst 60 Jahre später zur Wahl zugelassen. In Europa machte Finnland 1906 den Anfang, gefolgt von Norwegen 1913, Dänemark und Island im Jahr 1915 und Estland 1917. In Europa belegen die Schweiz (1971), Portugal (1976) und Lichtenstein (1984) die letzten Plätze in Sachen Frauenwahlrecht.
Die Geschichte zeigt, wie langwierig Reformen sind. Der Weg der Gleichberechtigung ist ein langer – und ein bis heute noch nicht abgeschlossener Weg.