Willkommen bei CODE, Prof. Gomez-Barrero

24 Oktober 2023

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Zum 1. Oktober 2023 hat Prof. Dr. Marta Gomez-Barrero den Ruf auf die W3-Professur für Maschinelles Lernen an der Fakultät für Informatik an der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) angenommen. Im Interview spricht sie über ihre Forschung, ihren bisherigen Karriereweg und die Pläne für das neue BioML-Lab (Biometrics & Machine Learning) am Forschungsinstitut CODE.

 
Frau Prof. Gomez-Barrero, wo haben Sie bisher geforscht und wie sind Sie zu Ihrem Fachgebiet gekommen?

"Im letzten Jahr meines Masterstudiums an der Universidad Autónoma de Madrid in Spanien kam ich während meiner praktischen Arbeit in einem Forschungslabor erstmals mit dem Thema IT-Sicherheit in Berührung, welches dort als Wahlfach angeboten wurde. Im Rahmen der Veranstaltung hatte ich Gelegenheit, Angriffe auf biometrische Erkennungssysteme zu implementieren. Ziel war es, mittels Reverse Engineering letztendlich Zugriff auf die gespeicherten Originaldaten zu erhalten, zum Beispiel Gesichts- und Irisbilder oder handschriftliche Unterschriften. Die dortige Forschungsgruppe gab mir auch die Möglichkeit, meine Arbeit 2011 bei einem internationalen Workshop in Brandenburg einzureichen und dort zu präsentieren. Zu dieser Zeit habe ich mich dann entschlossen, eine Promotion im Bereich Sicherheit und Datenschutz von biometrischen Erkennungssystemen zu beginnen. Ich absolvierte Praktika in Forschungslaboren an der Hochschule Darmstadt, der NTNU in Gjøvik und der Universitá Roma Tre. Dies ermöglichte mir, mit anderen Forschenden in Kontakt zu kommen und neue Sprachen zu lernen, eine zweite große Leidenschaft von mir.

Direkt nach der Promotion an der Universidad Autónoma de Madrid im Jahr 2016 ging ich nach Darmstadt, um am Nationalen Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit (ATHENE) eine PostDoc-Stelle in der da/sec-Forschungsgruppe anzutreten. In den fast vier Jahren dort konnte ich mein Netzwerk erweitern und Erfahrungen in der Akquise von Forschungsprojekten sowie der Betreuung von Doktoranden sammeln. 2020 wechselte ich an die Hochschule Ansbach und übernahm dort die Professur für IT-Sicherheit und technischen Datenschutz, meine letzte Station bevor ich an die Universität der Bundeswehr München ging.

In dieser Zeit habe ich mich in meiner Forschung mit der biometrischen Erkennung beschäftigt. Dabei beschränke ich mich nicht auf ein bestimmtes Charakteristikum wie Gesichts- oder Fingerabdruckerkennung, sondern entwickle allgemeine Methoden, die für mehr oder weniger jedes biometrische Charakteristikum anwendbar sind und das auch unter verschiedenen Umgebungsbedingungen, also zum Beispiel in einem Büro mit fester Beleuchtung oder draußen auf der Straße. Ich begann mit der Entwicklung von Angriffsmethoden auf biometrische Systeme, um mich dann auf die Entwicklung datenschutzfreundlicher Systeme zu konzentrieren, die den geltenden ISO-Normen entsprechen. Solche Systeme können ebenfalls mehrere biometrische Charakteristika berücksichtigen, z. B. Gesicht und Iris, um eine genauere und damit auch robustere Entscheidung zu ermöglichen. Parallel zu diesen Datenschutzaspekten habe ich an der Entwicklung von Algorithmen zur Erkennung von Präsentationsangriffen gearbeitet, um die Sicherheit biometrischer Erkennungssysteme weiter zu verbessern. Dabei versuche ich gleichzeitig, mögliche Verluste bei der Erkennungsgenauigkeit zu minimieren. Dies erfordert ein tieferes Verständnis der Mustererkennungsalgorithmen, die meist auf Machine und Deep Learning basieren, sowie der Kryptographietechniken."

Woran werden Sie bei CODE forschen?

"Während die Themen, die ich bisher untersucht habe, nach wie vor zahlreiche Herausforderungen bereithalten und Raum für Verbesserungen bieten, haben in den letzten Jahren auch andere Fragestellungen an Relevanz gewonnen: Warum sind biometrische Systeme gegenüber bestimmten demografischen Gruppen voreingenommen? Deep-Learning-Algorithmen weisen zwar niedrigere Fehlerquoten auf, aber sie scheinen in einer Blackbox zu arbeiten... wie können wir den Entscheidungsprozess und die Endergebnisse transparenter und erklärbarer machen? Zudem haben neuere und verbesserte Verschlüsselungsverfahren, die entweder gegenüber Quantencomputern robust sind oder effizientere homomorphe Verschlüsselungsverfahren verwenden, ebenfalls Einzug in den aktuellen Stand der Technik gehalten. Dies werden also die Hauptthemen sein, die in den kommenden Jahren bei CODE erforscht werden sollen: Ich plane, mit erklärbarem Machine und Deep Learning zu beginnen, um z. B. Bias in biometrischen Systemen zu bekämpfen, die Verwendung von Differential Privacy und Federated Learning, um die Sicherheit und den Datenschutz biometrischer Systeme zu erhöhen, und zu einem späteren Zeitpunkt würde ich auch die Verwendung von Quantencomputing für maschinelles Lernen erforschen."

Warum haben Sie sich für das FI CODE und die Universität der Bundeswehr München entschieden?

"Meiner Meinung nach ist der Einsatz zuverlässiger, fairer und sicherer Authentifizierungsmechanismen der Schlüssel zur Erhöhung der Sicherheit in unserer Gesellschaft, insbesondere in schwierigen Zeiten, wie wir sie derzeit erleben. Und zwar nicht nur, um sich bequemer in Ihren Laptop einzuloggen, sondern auch für Zugangs- oder Grenzkontrollen. Die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden (z.B. BKA oder BLKA, Bundeswehr, BSI und BND) kann diesen Prozess nur erleichtern. Und die Universität der Bundeswehr München ist wohl der beste Ort für eine solche Zusammenarbeit.

Ich bin sehr froh, dass das Thema Cybersicherheit auch bei den politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dies hat es aus meiner Sicht dem Forschungsinstitut CODE sicherlich ermöglicht, schnell zu wachsen und heute in unterschiedlichsten Themenbereichen innerhalb der weiten IT-Sicherheitslandschaft aktiv zu sein. Die Interdisziplinarität bietet ein optimales Arbeitsumfeld, in welchem Forschungsfragen mit Kolleginnen und Kollegen diskutiert werden können, die zwar unterschiedliche, aber sich teilweise auch überschneidende Fachgebiete haben. So werden großartige Ideen geboren, die wiederum zu einem echten Fortschritt für unsere Gesellschaft führen können.

Nicht zu vergessen ist die von der Universität und FI CODE zur Verfügung gestellte Top-IT-Ausstattung und -Infrastruktur. Ohne diese kann keine Spitzenforschung betrieben werden."

Was ist Ihre Vision für den Aufbau Ihrer neuen Forschungsgruppe am FI CODE?

"Mit dem BioML-Forschungslabor möchte ich vor allem an aktuellen, praktischen Forschungsthemen im erweiterten Bereich des maschinellen Lernens und dessen Anwendungen auf biometrische Erkennung und IT-Sicherheit arbeiten. Dies lässt sich am besten durch eine Kombination aus praxisorientierter Lehre und der Betreuung von studentischen Forschungsprojekten erreichen.

Ich bin bereits in Kontakt mit einigen Wissenschaftskollegen aus benachbarten (Österreich, Tschechische Republik) und weiter entfernten Ländern (USA, Brasilien), um neue Forschungsprojekte zu akquirieren. Einige Kontakte aus Wirtschaft und Industrie haben ebenfalls ihr Interesse an einer Zusammenarbeit geäußert. Ich bin daher zuversichtlich, dass damit auch das neue Team schnell wachsen wird.

Übrigens suche ich derzeit mehrere Doktoranden oder Postdocs, die mich auf dieser spannenden Reise begleiten möchten! Bitte melden Sie sich bei mir!"

Worauf freuen Sie sich am meisten?

"Vor allem freue ich mich darauf, die Fachgruppe und das neue Team aufzubauen. Mit der Unterstützung der ganzen neuen Kolleginnen und Kollegen und ihrer Expertise aus unterschiedlichen, aber sich gegenseitig ergänzenden Fachrichtungen der IT-Sicherheit, und der Möglichkeit, das pulsierende Leben in München und Bayern zu genießen, kann es nur ein Erfolg werden."


Prof. Dr. Marta Gomez-Barrero ist seit dem 1. Oktober 2023 Inhaberin der Professur für Maschinelles Lernen am FI CODE. Ihre Forschungsschwerpunkte sind biometrische Erkennungssysteme und datenschutzfreundliche Authentifizierungssysteme.

Bitte beachten Sie auch die aktuellen Stellenausschreibungen der Forschungsgruppe auf dem CODE-Karriereportal: https://www.unibw.de/code/karriere


Bild: © Universität der Bundeswehr München