Weitere Verstärkung für CODE: Wir begrüßen Prof. Slamanig
16 November 2023
Als Professor für Kryptologie an der Fakultät für Informatik der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) verstärkt Daniel Slamanig seit 1. November das Forschungsinstitut CODE in Forschung und Lehre. Im Interview stellt er sich, seine Forschungsinteressen und die neue Forschungsgruppe vor.
Herr Professor Slamanig, wo haben Sie bisher geforscht und wie sind Sie zu Ihrem Fachgebiet gekommen?
Ich habe bis zur Annahme des Rufs an die Universität der Bundeswehr München als Senior Scientist in der Kryptographieforschungsgruppe des AIT Austrian Institute of Technology, Österreichs größtem außeruniversitären Forschungsinstitut, in Wien geforscht. Neben meiner grundlagennahen Forschung in der Kryptographie war ich für die Akquise und Durchführung von nationalen und internationalen Forschungsprojekten, zum größten Teil in Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen, Universitäten sowie Industrie und Behörden, verantwortlich. Zudem war ich beraterisch für Unternehmen sowie Behörden tätig. Dies ermöglichte es mir neben der theoretischen Forschung auch Einblicke in aktuelle Probleme und Fragestellungen im Kontext verwendeter oder geplanter Anwendungen zu erhalten, sowie mein Netzwerk außerhalb der Forschungscommunity zu erweitern.
Obwohl ich zuletzt mehr als sechs Jahre im außeruniversitäten Bereich tätig war, war es mir immer sehr wichtig eine starke Verbindung zum akademischen Bereich aufrechtzuerhalten. Neben einem engen Kontakt mit Wissenschaftskolleginnen und -kollegen aus verschiedenen Europäischen Ländern sowie des UK und den USA, hatte ich auch das Privileg talentierte Doktoranden, sowie Master- und Bachelor-Studierende zu betreuen und auf ihrem wissenschaftlichen Weg zu begleiten. Zudem war es mir auch wichtig weiter in der akademischen Lehre tätig zu sein. Gemeinsam mit Prof. Pietrzak vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) habe ich eine Lehrveranstaltung “Introduction to Modern Cryptography” für die Technische Universität Wien entwickelt und wir haben diese erfolgreich abgehalten, bis die Universität eine dezidierte Professur im Bereich Kryptographie eingerichtet hat.
Vor meiner Zeit am AIT habe ich fünf Jahre am Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie (IAIK) an der Technischen Universität Graz geforscht. Zuerst als PostDoc und dann als Senior Researcher, hatte ich dort die Möglichkeit eine Forschungsgruppe im Bereich der asymmetrischen Kryptographie zu etablieren. Neben der Forschung war ich auch in der Lehre im Bereich moderner Kryptographie sowie deren Anwendungen tätig und hatte auch hier das Privileg talentierte Doktoranden und Studierende zu betreuen. Zudem lernte ich hier auch das Handwerk der Akquise und Durchführung von Forschungsprojekten und sammelte Erfahrung in internationaler Kooperation zwischen Forschung und Industrie. Meine wohl spannendste forschungsbezogene Erinnerung an diese Zeit ist aber die Zusammenarbeit mit Prof. Rechberger. Sein Spezialgebiet ist die symmetrische Kryptographie und somit aus Forschungssicht ein mit meinem Forschungsgebiet (asymmetrische Kryptographie und beweisbare Sicherheit) a-priori nicht übermäßig kompatibler Bereich. Entgegen allen Vorzeichen war diese Kooperation überraschenderweise sehr produktiv und gemeinsam mit Mitgliedern meiner damaligen Gruppe und anderen internationalen Kooperationspartnern führte das zur Entwicklung des quantensicheren Signaturverfahrens Picnic. Dies erreichte beim international wohl wichtigsten Post-Quantum Cryptography Standardization Projekt der NIST die finale dritte Runde. Erwartbar, aufgrund des neuen Designs und des bis dato zu wenig gut untersuchten Basisbausteins, hat es dann jedoch nicht zur Standardisierung gereicht. Nichtsdestotrotz macht es mich stolz und demütig, dass unsere Arbeit als Inspiration für viele nachfolgende Arbeiten und Designs von Signaturverfahren diente.
Um nun zu der letzten Frage zu kommen: Ich kam während des Studiums mit IT-Sicherheit in Kontakt und hier faszinierte mich speziell die Kryptographie, da sie an der Schnittstelle der theoretischen Informatik und der Mathematik liegt. Je mehr ich mich mit der Thematik befasste, desto stärker faszinierte mich die Kombination von Rigorosität und extremer Kreativität die notwendig ist, um auf den ersten Blick oft paradoxe Probleme in Angriff zu nehmen. Somit war für mich dann schnell klar, dass ich im Bereich der Kryptographie forschen und promovieren möchte und schloss meine Promotion im Jahr 2011 in Informatik im Bereich Kryptographie an der Universität Klagenfurt ab.
Woran werden Sie bei CODE forschen?
Das Spannende an der Kryptographie ist, dass die Forschungsfragen nie ausgehen. Zudem haben viele dieser Forschungsfragen einen unmittelbaren Bezug zur Praxis und sind gesellschaftlich hoch relevant. Durch die zunehmende digitale Vernetzung aller Bereiche werden beispielsweise die notwendigen Sicherheitsgarantien, die von kryptographischen Primitiven angeboten werden müssen, immer stärker und komplexer. Ein simples Beispiel sind Secure Messenger Apps – allein über 2.5 Milliarden Userinnen und User verwenden beispielsweise WhatsApp oder Messenger – die täglich für alle nur möglichen Zwecke verwendet werden. Ein Designfehler in der Kryptographie dieser Systeme kann gravierende Auswirkungen auf die Privatsphäre haben. Andererseits wird die notwendige Funktionalität von Anwendungen, die gleichzeitig hohe Sicherheitsgarantien erfordern, immer komplexer. Hier ist ein anschauliches Beispiel das Auslagern von Berechnungen an die Cloud – man möchte die Daten vielleicht nicht im Klartext hergeben, Garantien über die Korrektheit der Berechnungen haben und möglicherweise sollen die Eingaben auch noch von unterschiedlichen Parteien kommen, die sich gegenseitig nicht vertrauen (z.B. konkurrierende Unternehmen darstellen). Dies erfordert kryptographische Mechanismen, deren Funktionalität weit über die herkömmlich verwendet hinausgehen. Weiters haben wir das Damoklesschwert eines leistungsfähigen Quantencomputers das über all unserer Häupter schwebt. Dieser würde die derzeit verwendete asymmetrische Kryptographie unsicher machen – was unvorstellbare Folgen für die weltweite Kommunikation hätte - und erfordert den Einsatz von quantensicherer (so genannter Post-Quanten) Kryptographie.
Unsere initiale Ausrichtung im Quantum Safe & Advanced Cryptography (QuSAC) Lab wird stark auf der Entwicklung und Erforschung quantenresistenter kryprographischer Verfahren sowie auf fortgeschrittenen kryptographischen Primitiven (wie etwa nicht-interaktiven Zero-Knowledge Beweisen) liegen.
Was ist Ihre Vision für den Aufbau Ihrer neuen Forschungsgruppe am FI CODE?
Es ist eine sehr spannende Herausforderung eine eigene Forschungsgruppe aufzubauen. Ich habe sehr zeitnah begonnen meine Stellen auszuschreiben und war über eine große Anzahl an qualitativ herausragenden Bewerbungen sehr erfreut. Obwohl das Finden einer idealen Teamkonfiguration keine leichte Aufgabe ist, bin ich davon überzeugt, dass ich mit der initialen Zusammensetzung von zwei Doktoranden und einem PostDoc die optimale Wahl getroffen habe und bin sehr froh, dass meine Wunschkandidaten alle zugesagt haben. Somit steht einer spannenden und erfolgreichen Arbeit im QuSAC Lab nichts mehr im Wege.
Auch bin ich bereits mit einigen internationalen Wissenschaftskolleginnen und -kollegen aktiv im Austausch über zukünftige gemeinsame Projekte, die weiter zum Wachstum des QuSAC Labs beitragen werden. Zudem habe ich gute Kontakte zu relevanter und räumlich nahegelegener Industrie die mich zusätzlich optimistisch stimmen.
Warum haben Sie sich für das FI CODE und die Universität der Bundeswehr München entschieden?
Das FI CODE ist ein hochmodernes Forschungsinstitut mit einer breiten und interdisziplinären Ausrichtung innerhalb der Landschaft der IT-Sicherheitsforschung und der Ambition eines der größten interdisziplinären Forschungszentren im Bereich der Cybersicherheit zu werden. Eine Universität mit einer derartigen strategischen Ausrichtung betrachte ich als einen optimalen Ort meine Forschung durchzuführen und zu dessen Erfolg ich gerne aktiv beitragen möchte. Da Kryprographie ein Thema ist, das alle Bereiche durchdringt, betrachte ich zudem die im Vergleich zu anderen Universitäten existierenden Möglichkeiten hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und Behörden als interessant und wichtig. Gerade in Zeiten schwieriger geopolitischer Entwicklungen ist dies, neben der zivilen Forschung, ein Bereich den ich als sehr wichtig erachte.
Zudem möchte ich noch hervorheben, dass sich die Universität der Bundeswehr München und das FI CODE ab dem ersten Kontakt als sehr professionell dargestellt hat und ich mich sofort sehr willkommen und wohl gefühlt habe und super unterstützt und aufgenommen worden bin. Für mich stellen auch diese Aspekte zentrale Faktoren in so einem Entscheidungsprozess dar.
Worauf freuen Sie sich am meisten bei Ihrer neuen Tätigkeit?
Am meisten freue ich mich darauf mit meinem neu aufgebauten Team gemeinsam an interessanten Forschungsfragen zu arbeiten, voneinander zu lernen und auch die Lehre im Bereich der Kryptographie mit spannenden Themen zu ergänzen. Und dabei hoffe ich die Studierenden für diese Themen begeistern zu können. Auch freue ich mich sehr auf die Zusammenarbeit mit den neuen Kolleginnen und Kollegen, die Diskussionen und den interdisziplinären Austausch. Und was erwähnt sein muss: als Österreicher in München fühlt man sich auf Anhieb wohl.
Prof. Dr. Daniel Slamanig ist seit dem 1. November 2023 Inhaber der Professur für Kryptologie an der Fakultät für Informatik an der Universität der Bundeswehr München.
Bild: © Universität der Bundeswehr München / Plank