Bessere Entscheidungen durch Red Teaming

17 März 2025

Red Teaming zur Verbesserung der Entscheidungsfindung

Am Center for Intelligence and Security Studies (CISS) beschäftigen wir uns mit den Herausforderungen, die in der strategischen Entscheidungsfindung auftreten. Selbst hochkompetente Entscheidungsträger unterliegen kognitiven Verzerrungen und situativen Begrenzungen, die ihre Fähigkeit einschränken können, alternative Handlungsoptionen zu erkennen. Red Teaming bietet einen systematischen Ansatz, um solche Einschränkungen zu überwinden und Entscheidungsprozesse robuster zu gestalten.

Red Teaming – Ein methodischer Ansatz zur Reflexion und Entscheidungsoptimierung

Das Konzept des Red Teaming wurde ursprünglich aus militärischen Operationen abgeleitet und dient u.a. dazu, bestehende Annahmen zu hinterfragen, kognitive Verzerrungen aufzudecken und fundiertere Entscheidungen zu ermöglichen. Es basiert auf vier zentralen methodischen Prinzipien:

  • Selbstreflexion und Bewusstseinsbildung
  • Förderung kultureller Perspektivenvielfalt
  • Angewandtes kritisches Denken
  • Reduzierung von Gruppendenken und gezielte Entscheidungsunterstützung

Diese Prinzipien unterstützen Organisationen dabei, resiliente und adaptive Strategien zu entwickeln, die sowohl empirisch fundiert als auch praxisnah anwendbar sind.

Forschung am CISS: Red Teaming und Wargaming

Im Rahmen des Forschungsbereiches für Wargaming und Informationssysteme am CISS hatten Christian Nitzl, Aline Werro und Sascha Geißler in den vergangenen Wochen die Gelegenheit, sich intensiv mit führenden Experten des Red Teaming-Ansatzes – Steven Rotkoff und Kevin Benson – auszutauschen.

Wesentliche Themen der Diskussion umfassten:

  • Die Bedeutung der Metakognition für strategische Planung und Entscheidungsfindung.
  • Die Synergien zwischen Red Teaming und Wargaming bei der Entwicklung robuster und adaptiver Strategien.
  • Die Balance zwischen wissenschaftlicher Strenge und kreativer Anwendung – mit der Erkenntnis, dass wissenschaftliche Methoden essenzielle Werkzeuge bereitstellen, jedoch erst durch kreative Adaption ihre volle Wirkung entfalten.

Kernmethoden und Erkenntnisse

Zentrale methodische Ansätze, die im Rahmen der Diskussion herausgearbeitet wurden, umfassen:

  • Divergieren vor dem Konvergieren: Die gezielte Exploration verschiedener Perspektiven, bevor eine Entscheidung getroffen wird.
  • Übertragung bekannter Konzepte auf unbekannte Kontexte: Nutzung vertrauter Methoden zur Bewältigung komplexer Herausforderungen.
  • Positive Abweichung („Positive Deviance“) als Innovationsstrategie: Identifikation und Analyse erfolgreicher, unkonventioneller Ansätze.
  • Trennung von Quelle und Inhalt einer Idee: Evaluation von Konzepten auf Basis ihres inhaltlichen Werts, unabhängig von ihrem Ursprung.

Darüber hinaus wurden praxisorientierte Methoden wie die Four Ways of Seeing, die Pre-Mortem-Analyse und Advocatus Diaboli diskutiert, um sicherzustellen, dass Red Teaming nicht nur ein theoretisches Konstrukt bleibt, sondern als wirksames Instrument in der Entscheidungsfindung genutzt werden kann.

Weiterführende Ressourcen und wissenschaftliche Relevanz

Für eine tiefere Auseinandersetzung mit den methodischen Grundlagen und Anwendungen empfehlen wir die Lektüre des Red Team Handbook, das eine umfassende Einführung in diesen Ansatz bietet.

Unser Ziel im Forschungsbereich Wargaming und Informationssysteme ist es, eine wissenschaftlich fundierte und zugleich praxisnahe Methodologie zu entwickeln, die strategische Entscheidungsprozesse in komplexen und dynamischen Umfeldern verbessert. Die Verbindung von akademischer Forschung mit der Erfahrung von Entscheidungsträgern ermöglicht es, Methoden wie Red Teaming gezielt weiterzuentwickeln und für reale Herausforderungen nutzbar zu machen.

Unser besonderer Dank gilt Steven Rotkoff und Kevin Benson, die ihre wertvollen Erkenntnisse mit uns geteilt haben und damit die Weiterentwicklung dieses Forschungsbereichs maßgeblich unterstützen.

 

Titelbild: © iStockphoto | matejmo