Alles im Blick behalten: Best Paper Award für Ergebnisse der Eye-Tracking-Studie zu Multitasking

22 Juli 2024

Im Rahmen der 21. International Conference on Engineering Psychology and Cognitive Ergonomics (EPCE), die vom 29. Juni bis zum 4. Juli 2024 anlässlich der diesjährigen Human Computer Interaction International (HCII) in Washington, USA, stattfand, wurden Sophie-Marie Stasch (M.Sc.) und Prof. Wolfgang Mack (Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie) für das Paper "Diagnosing Cognitive Control with Eye-Tracking Metrics in a Multitasking Environment" mit dem Best Paper Award ausgezeichnet.

Fokussiert bleiben und schnell reagieren – wie ist das möglich?

In Ihrer Arbeit zeigte Sophie-Marie Stasch, dass der kognitive Kontrollmodus einer Person anhand von Augenbewegungsdaten in einer Multitasking-Flugumgebung mit hoher Genauigkeit vorhergesagt werden kann. Militärische Flugmissionen sind durch die Koordination einer Vielzahl von Flugaufgaben kognitiv höchst anspruchsvoll. Für die Mehrheit der Menschen ist das klassische Multitasking, also das gleichzeitige Bearbeiten mehrerer Aufgaben, nicht ohne Leistungseinbußen möglich. Auch Pilotinnen und Piloten müssen trotz begrenzter mentaler Ressourcen eine Möglichkeit finden, um das Flugzeug sicher zu steuern und die Mission erfolgreich auszuführen. Eine Erfolgsstrategie besteht in der Aufgabenpriorisierung: In Notfällen wird sicherheitskritischen Aufgaben oberste Priorität gewährt, während weniger wichtige Aufgaben wie die Funkkommunikation dagegen nur dann berücksichtigt werden, wenn dafür Ressourcen vorhanden sind. Anhand der Analysen zu Flugunfällen in der militärischen und zivilen Luftfahrt sind Entscheidungsfehler bei der Aufgabenpriorisierung in rund 30% der Fälle involviert. Dies wirft die Fragen danach auf, wie Aufgaben im Zweifelsfall korrekt priorisiert werden können und wie Assistenzsysteme Pilotinnen und Piloten dabei unterstützen können.

Alle Aufgaben im Blick dank kognitiver Kontrolle

Hier spielt die Fähigkeit der kognitiven Kontrolle eine wichtige Rolle, die eine effiziente Aufmerksamkeitsverteilung trotz Ablenkungen ermöglicht. Allerdings unterliegt sie dem sogenannten Stabilitäts-Flexibilitäts-Dilemma: Während kognitive Stabilität die störungsfreie Ausführung einer Aufgabe trotz Ablenkungen ermöglicht, wird kognitive Flexibilität zur schnellen Reaktion auf unerwartete Ereignisse benötigt. Die Balance zwischen beiden Kontrollmodi ist zur erfolgreichen Missionsausführung entscheidend.

Um Pilotinnen und Piloten im Einsatz bestmöglich zu unterstützen, muss ein adaptives Assistenzsystem zunächst den kognitiven Kontrollmodus bestimmen können. In drei Studien mit insgesamt 144 Teilnehmenden wurde der Zustand der kognitiven Kontrolle durch eine Gamification-Methode experimentell manipuliert. Die Teilnehmenden absolvierten in einer virtuellen Flugumgebung vier Flugaufgaben, während ihre Augenbewegungen mit einem Eye-Tracking-Gerät aufgezeichnet wurden. Verschiedene Klassifikationsalgorithmen konnten den kognitiven Kontrollmodus der Teilnehmenden mit einer durchschnittlichen Genauigkeit von 89 % vorhersagen.

Die Studienergebnisse bilden eine wichtige Grundlage der Nutzerzustandserkennung der kognitiven Kontrolle in adaptiven Assistenzsystemen. Perspektivisch kann dadurch die Mensch-Maschine-Performanz in sicherheitskritischen Situationen verbessert, und Flugunfälle aufgrund falscher Aufgabenpriorisierung möglicherweise verhindert werden.

 

Bild, v. li. n. re.: Prof. Gavriel Salvendy (University of Central Florida), Sophie-Marie Stasch