Calcinierte Schichtsilikate: frühe Zementhydratation/HydraTon

17 Februar 2022

Dr. Nancy Beuntner und Univ.-Prof. Dr.-Ing. Karl-Christian Thienel, Institut für Werkstoffe des Bauwesens, haben bei der DFG das Projekt „Wirksamkeit und Einfluss calcinierter Schichtsilikate während der frühen Zementhydratation/HydraTon“, erfolgreich eingeworben.

Laufzeit: 01.04.2020 bis 31.03.2023
Förderer: Deutsche Forschungsgemeinschaft e. V. (DFG) – Sachbeihilfe


Calcinierte Tone haben großes Potenzial zukünftig den steigenden Bedarf an Zementersatzstoffen gerecht zu werden und damit die sinkende Verfügbarkeit etablierter Stoffe, wie Flugasche und Hüttensand, zu kompensieren. Calcinierte Tone entwickeln ihr chemisch, reaktives Potential durch gezielte thermische Behandlung (Calcinierung) der enthaltenen Schichtsilikate im Temperaturbereich zwischen 550 und 850 °C. Für einen angestrebten Einsatz in Mörtel und Beton ist ein grundlegendes Verständnis zur Wirkungsweise der strukturell verschiedenen, calcinierten Schichtsilikate und ihre Interaktion mit den Zementklinkerphasen in der frühen Phase der Zementerhärtung essentiell. Die in Frage kommenden Tongemische bestehen aus verschiedenen Schichtsilikaten (Kaolinit, Illit, Glimmer, Montmorillonit), sind mineralogisch sehr komplex und die Zusammensetzung von Tongemischen kann bereits lokal erheblich variieren. Für den angestrebten zukünftigen Einsatz als Zementersatzstoff ist ein grundlegendes Verständnis der jeweiligen calcinierten Schichtsilikate auf die frühe Zementhydratation von großer Bedeutung. Im beantragten Projekt sollen bedeutende Schichtsilikate calciniert werden und im ersten Projektabschnitt hinsichtlich ihrer Reaktivität unter Beachtung der mineralogischen Strukturen beurteilt und der eigenständige chemisch-puzzolane Reaktionsbeitrag bereits im frühen Stadium erarbeitet werden. Die Interaktion mit synthetisch hergestellten Klinkerphasen in einem Modellzement während der frühen Hydratation in den ersten 48 Stunden ist im zweiten Projektabschnitt zu untersuchen und qualitativ wie quantitativ an hydratisierenden Systemen zu verifizieren. Für die Entwicklung des Modellzements sind die beiden Klinkerphasen Alit und C3A zu synthetisieren und unter Zugabe von Sulfatträgern ein reduziertes zementäres Modellsystem zu entwickeln. Durch die Wahl der Granulometrie und der Einstellung der Sulfatträger kann eine Aufspaltung und somit eine getrennte Betrachtung der Silikat- von der Aluminatreaktion in der frühen Zementhydratation erreicht werden. Diese Herangehensweise ermöglicht erstmals eine Unterscheidung der Wirkungsweise der calcinierten Schichtsilikate auf die beiden Klinkerphasenreaktionen. Mit der Kombination etablierter Methoden der Bindemittelchemie (in situ-Röntgendiffraktometrie, Thermogravimetrie und Wärmefluss-kalorimetrie) soll ein Modell zur Reaktionskinetik der einzelnen Schichtsilikate erstellt werden und somit ein Grundstein zur Übertragbarkeit auf mineralogisch komplexe Tongemische gelegt werden. Damit eröffnen sich Möglichkeiten, den Einfluss natürlich vorkommender Tongemische auf die Hydratationskinetik von Zementen ohne umfangreiche empirische Versuche bewerten und ihre Eignung in Kompositzementen oder als Betonzusatzstoff hinreichend beurteilen zu können.


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