Recherche-Profi erklärt Faktencheck im Netz

20 Mai 2020

Fotos, Videos, Screenshots oder Social-Media-Posts – Bevor aus Informationen im Internet Nachrichten in Medien werden, stellt sich für Journalisten die Frage: wahr oder falsch? Wie sich das mit digitaler Recherche überprüfen lässt, schilderte Stefan Voß, Leiter des Verifikationsteams bei Deutschlands größter Nachrichtenagentur dpa, in einer Online-Lehrveranstaltung von Prof. Dr. Irene Preisinger.

Mit vielen Beispielen aus der Praxis machte der erfahrene Journalist Studierenden des Fachs „Management und Medien“ (MM) eine Regel für den Faktencheck deutlich: „Der Wahrheitsgehalt einer Behauptung steigt nicht mit der Zahl der Verbreitungskanäle.“ Umgekehrt müssen auch einzelne außergewöhnliche Bilder Zweifel wecken, wie Voß erläuterte. „Von einem spektakulären Ereignis in der Öffentlichkeit gibt es mehr als nur eine Aufnahme im Netz.“ Bei einer Katastrophe, einem Amoklauf oder einem Terroranschlag würden innerhalb kürzester Zeit hunderte, oft tausende Fotos in sozialen Medien oder Internetforen hochgeladen. Für Journalisten seien dies gute Hinweise für die weitere Recherche.

Voß, zugeschaltet aus Berlin, ließ bei seinem Online-Gastvortrag die Studierenden des Jahrgangs MM19 auch selbst Bilder unter die Lupe nehmen: Ein Foto aus dem Sommer – mit kahlen Bäumen drauf? Was verrät Werbung im Hintergrund? Welche Hinweise liefern Hausfassaden, Sonnenstand oder die Hosenfarbe eines Sportteams? Der langjährige Agenturjournalist riet dazu, genau hinzuschauen, und zeigte, wie Recherche-Profis mit Foto-Rückwärts-Suche oder Geolocation überprüfen, ob Bilder digital bearbeitet wurden, aus einem anderen Zusammenhang oder von einem anderen Ort stammen.

Auch User-Kommentare lieferten oft gute Hinweise, sagte Voß weiter. Ob es sich um Fakten, Vermutungen oder Falschbehauptungen handelt, lässt sich mit klassischer Recherche und digitaler Verifikation herausfinden. Erst danach können Medien zuverlässige Informationen veröffentlichen. Aufgabe einer Nachrichtenagentur sei es, Fakten zu liefern, erläuterte der dpa-Journalist. „Für uns ist wichtig, dass sich Menschen auf der Grundlage von Fakten eine Meinung bilden können.“

 

Bild: Maximilian Marquardt/UniBwM