Forschungsprojekte am Institut für Werkstoffe des Bauwesens
Das Institut arbeitet vornehmlich im Bereich der mineralischen Baustoffe. Es gibt mehrere Bereiche.
Ein Schwerpunkt ist die Forschung zur Wirkungsweise und zum Potenzial calcinierter Tone als Bestandteil von Bindemitteln in normal und hydrothermal erhärtenden mineralischen Werkstoffen. Ähnliche Fragestellungen tauchen im Zusammenhang mit der Erforschung alternativer Betonzusatzstoffe auf.
Ein langjähriger Focus gilt den verschiedenen Leichtbetonen. Mitarbeiter des Instituts arbeiten mit allen Varianten dieses hoch interessanten Werkstoffs: Gefügedichter Leichtbeton, haufwerksporiger Leichtbeton und Porenbeton.
Der Frage der Schutzwirkung von mineralischen Baustoffen wird in den Forschungsprojekten zum Impact-Verhalten von Beton und Kalksandsteinen nachgegangen.
Das Betonbau gilt in vielen Bereichen als "gerissene Bauweise". Dieser begründeten Doppeldeutigkeit geht das Institut partiell bei der Erforschung der Mikrorissbildung insbesondere in hochfesten Betonen nach.
Forschung lebt vom Austausch und der gegenseitigen Inspiration. Wir schätzen uns glücklich, sehr gute Kooperationspartner zu haben, mit denen wir immer wieder neue Projekte angehen.
Calcinierte Tone
Schon die Römer wussten sie zu schätzen
Calcinierte Tone sind eine sehr interessante Gruppe von Puzzolanen, die weltweit sehr gut verfügbar sind. Sie sind eine leistungsfähige und zukunftsträchtige Alternative und Ergänzung zu herkömmlichen mineralischen Bindemitteln. Am Institut für Werkstoffe des Bauwesens werden großtechnisch calcinierte Tone untersucht, welche aus natürlich anstehenden Tongemischen hergestellt wurden. Aufgrund des niedrigen Kalkgehaltes im Rohton wird beim Calcinieren nur wenig CO2 freigesetzt. Deshalb sind diese calcinierten Tone als nachhaltig und umweltfreundlich einzustufen.
Bild: Calcinierte Tonpartikel
Einsatz in zementären Systemen
In zementären Systemen ist calcinierter Ton entweder als Hauptbestandteil von Kompositzementen oder als Betonzusatzstoff gefragt. Im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte werden die folgenden Fragestellungen bearbeitet:
- Einfluss der Brenntemperatur auf das puzzolane Reaktionsvermögen
- Wirksamkeit im zementären System und Beeinflussung der Zementhydratation
- Einfluss auf die Frisch- und Festbetoneigenschaften sowie auf die Dauerhaftigkeitseigenschaften
- Möglichkeiten des Einsatzes bei Sonderbetonen
- Wechselwirkung strukturell unterschiedlicher Fließmittel mit calcinierten Tonen
Einsatz in hydrothermal erhärtenden Systemen
Die hydrothermale Erhärtung in Autoklaven wird für die Herstellung von Kalksandstein und Porenbeton verwendet. Calcinierter Ton kann in beiden Fällen einen Teil der üblichen mineralischen Bindemittel (Kalk, Zement, Gips) ersetzen. Durch diese Maßnahme wird die Ökologie verbessert. Zugleich wirkt sich der calcinierte Ton auf die entstehenden Mineralphasen aus und beeinflusst verschiedene mechanische Eigenschaften und die Dauerhaftigkeit positiv.
Im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte werden die folgenden Fragestellungen bearbeitet:
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Einsatz calcinierter Tone als Bindemittelkomponente zur Verbesserung der CO2-Bilanz bei Kalksandsteinen
- Möglichkeiten einer sulfatträger- und zementfreien Rezeptur zur Verbesserung der Recyclingfähigkeit, Umweltverträglichkeit und CO2-Bilanz von Porenbeton
Alternative Betonzusatzstoffe
Die Nachfrage nach alternativen Betonzusatzstoffen wächst aufgrund der zunehmenden Nutzung von regenerativer Energie und der damit verbundenen sinkenden Verfügbarkeit von herkömmlichen Zusatzstoffen. Auf der Suche nach ökologischen, leistungsfähigen Zusatzstoffen und der Herstellung von Baustoffen mit verringerter CO2 –Bilanz werden am Institut für Werkstoffe des Bauwesens innovative Sekundärrohstoffe hinsichtlich ihres Reaktionsvermögens beurteilt und der Einfluss auf das Betongefüge und die Betoneigenschaften untersucht.
Bild: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines beschädigten Flugaschepartikels in einer Betonmatrix
Leichtbeton
Darf es etwas weniger sein?
Als Leichtbeton werden sehr unterschiedliche Betone bezeichnet. Hierzu zählt gefügedichter Leichtbeton mit einer Trockenrohdichte von 800 bis 2000 kg/m3 und Festigkeitsklassen von LC8/9 bis LC80/88. Die zweite Gruppe bilden haufwerksporige Leichtbetone mit Trockenrohdichten von 400 bis 2000 kg/m3 und Festigkeitsklassen von LAC 2 bis LAC 25.
Den Übergang vom gefügedichten zu haufwerksporigen Leichtbeton stellt Infraleichtbeton dar als Ortbeton. Mit einer Trockenrohdichte deutliche unter 800 kg/m3 werden Festigkeitsklassen von LAC 2 bis LAC 6 erreicht.
Porenbeton bildet mit Trockenrohdichten von 250 bis 1000 kg/m3 und Festigkeitsklassen von AAC 1,5 bis AAC 10 die dritte Gruppe der Leichtbetone. Er unterscheidet sich unter anderem durch die Herstellung im Autoklaven und sein Gefüge grundsätzlich von den beiden anderen.
Das Institut verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Grundlagenforschung und der Anwendung im Bereich der Leichtbetone und bringt die dabei gewonnenen Erkenntnisse in verschiedene Normungsgremien ein.
Bild: Befüllen einer Betonpumpe mit Leichtbeton
Gefügedichter Leichtbeton
Bei den gefügedichten Leichtbetonen werden im Rahmen der Forschung die folgenden Themen bearbeitet:
- Entwicklung, Beurteilung und Verbesserung sehr leichter gefügedichter Leichtbetone
- Einsatz von Infraleichtbeton (ILC) als haufwerksporiger Leichtbeton (LAC) mit
- nochmals reduzierte Rohdichte
- weiter verbesserte Wärmedämmeigenschaften
- statisch ausreichende Festigkeit
- großtechnischer Nachweis der Pumpbarkeit von ILC
- Einsatz von Infraleichtbeton (ILC) als haufwerksporiger Leichtbeton (LAC) mit
- Optimierung selbstverdichtender Leichtbetone
- Umrechnungsfaktoren zwischen unterschiedlichen Probekörpergeometrien, -abmessungen und Lagerungsbedingungen
- Umrechnungsfaktoren zwischen Bohrkernen und Laborprobekörpern aus Leichtbeton
- Leichtbetone in Sichtbetonqualität
Bild: Gefüge eines hochfesten Leichtbetons
Bild: Verbundzone zwischen Blähglaskorn und Mörtel
Haufwerksporiger Leichtbeton
Insbesondere die mechanischen Eigenschaften haufwerksporiger Leichtbetone mit deutlich niedrigeren als den heute üblichen Rohdichten stehen im Fokus der Forschung am Institut.
Bild: Gefüge eines haufwerksporigen Leichtbetons
Porenbeton
Die Forschung befasst sich hier mit der Wirkung calcinierter Tone auf die rheologischen Eigenschaften während der initialen Phase der Herstellung des Porenbetons, die Veränderung des Mineralphasenbestands und die daraus resultierenden mechanischen Eigenschaften sowie das Auslaugverhalten.
Bild: Gefüge eines Porenbetons
Impact-Verhalten
Bitte mit Schuss
Hochdynamische Beanspruchungen von Bauteilen aus Beton oder Mauerwerk können aus Explosionen resultieren oder aus dem Aufprall von Partikeln oder Projektilen. Der Widerstand gegen den Aufprall von Partikeln oder Projektilen hängt ganz entscheidend von den Eigenschaften und der Zusammensetzung der Baustoffe in den betroffenen Bauteilen ab. Das Institut für Werkstoffe des Bauwesens untersucht zusammen mit dem Labor für Ballistik, Kompetenzfeld "Waffentechnik und Schutzsysteme" der Fakultät Maschinenbau der UniBw M baustofftechnologische Einflüsse zunächst am Beispiel von Beton. Die Untersuchungen liefern die Grundlage für die Modellierung und tragen so dazu bei, die Betonzusammensetzung zum Schutz gegen ballistische Einwirkungen zu optimieren.
Bild: Hochgeschwindigkeitsaufnahme eines Durchschusses durch eine Betonplatte
Im Rahmen der Versuche werden Versuchskörper aus Beton im Labor für Ballistik beschossen. Die Versuche werden mit Hochgeschwindigkeitskameras dokumentiert. Die Auswertung der Versuche erfolgt unter anderem über die laserbasierte Vermessung der Bruchflächen und in der Folge können die unterschiedlichen Energieanteile bestimmt werden. Das Ergebnis der Forschungsvorhaben ist es, betontechnologische Kenngrößen für eine numerische Modellierung bereitzustellen, die eine optimierte Materialwahl für eine verbesserte Schutzwirkung von Betonbauteilen bei gleichbleibenden Abmessungen ermöglichen.
Die Ergebnisse aus der Forschung zum Impact-Verhalten von Kalksandsteinen gestatten erstmals, gezielt optimierte Kalksandsteine mit einem erhöhten Beschusswiderstand großtechnisch herzustellen.
Bild: Von hochfestem Beton aufgehaltenes Projektil
Mikrorissbildung
Wie gerissen
Mikrorisse sind bereits im unbelasteten Beton aufgrund des unterschiedlichen Verformungsverhaltens der einzelnen Komponenten vorhanden. Am Institut für Werkstoffe des Bauwesens wurde eine Methode zur Visualisierung der Mikrorisse im Betongefüge entwickelt. An Probekörpern aus hochfestem Beton wurden die Einflüsse auf die Bildung dieser Mikrorisse aus der Probekörpervorbereitung sowie aus der Betontechnologie, der Lagerung und einer mechanischen Belastung untersucht. Als Haupteinfluss auf die Mikrorissbildung zeigte sich das autogene Schwinden des hochfesten Betons. Ausgangspunkt der Mikrorisse in der Mörtelmatrix sind entweder Luftporen oder die Kontaktzone zur Gesteinskörnung. Der Einfluss vorhandener Mikrorisse auf die Festbeton- und Dauerhaftigkeitseigenschaften des Betons spiegelt sich in den Versuchsergebnissen an hochfesten Betonen nicht eindeutig wieder.
Bild: Eingefärbter Mikroriss im Beton
Kooperationen
Eins und eins ist häufig mehr als zwei
Das Institut für Werkstoffe des Bauwesens arbeitet bei vielen Forschungsprojekten eng mit Partnerinstituten, anderen Forschungseinrichtungen und forschenden Firmen zusammen. Zu diesen Forschungspartnern gehören folgende Arbeitsgruppen:
- Prof. Irassar, Facultad de Ingeniería, Universidad Nacional del Centro de la Provincia de Buenos Aires, Argentinien
- Prof. Plank, Lehrstuhl für Bauchemie, Fakultät für Chemie, Technische Universität München
- Prof. Höcherl, Labor für Ballistik, Waffentechnik und Schutzsysteme, Fakultät Maschinenbau, Universität der Bundeswehr München
- Prof. Kustermann, Fakultät 02, Fachgebiet Bauchemie/Baustoffe, Hochschule München
- Dr.-Ing. Eden, Forschungsvereinigung Kalk-Sand e.V., Hannover
Projekte im Überblick
Zusammenstellung laufender und bereits abgeschlossener Forschungsprojekte des Instituts für Werkstoffe des Bauwesens