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Dynamiken von ethno-nationalen und zwischenstaatlichen Konflikten, Flucht und Migration in die EU, Zeugnisse antiker Zivilisationen, Folgen von Krieg und Kolonisierung und das lange Nachleben von Imperien. Diese thematische Bandbreite stand für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der akademischen Lehr- und Forschungsreise 2022 nach Griechenland und Zypern auf dem Programm.
Zu Beginn der Reise ermöglichte eine politisch-historische Stadtführung in der mediterranen Hafenstadt Thessaloniki, der Hauptstadt der Region Zentralmazedonien im Norden Griechenlands, eine vertiefte Auseinandersetzung mit den verschiedenen historischen Epochen, die die Stadt bis heute prägen. Sei es die makedonische Herrschaft, die Zeit als römische Provinz oder die Zeit als Teil des byzantinischen und danach osmanischen Reichs; all diese Phasen verleihen Thessaloniki eine einzigartige Ausstrahlung. Der Besuch der antiken Stätten von Pella und Vergina – beides ehemalige Hauptstädte des Königreichs Makedonien – ließ die Studierenden auf den Spuren Alexanders des Großen wandeln. Besonders eindrucksvoll war es, die gut erhaltene Grabstätte von Alexanders Vater Philipp II. in Vergina zu besichtigen.
Inwieweit sich ab Mitte des 19. Jahrhundert die griechische Nationalbewegung gegen die osmanische Herrschaft richtete, war Thema eines spannenden Vortrags von Professor George Margaritis von der Aristoteles Universität. Die bis zum Zweiten Weltkrieg herausragende Bedeutung jüdischer Religion und Kultur für Thessaloniki bis zur Deportation fast aller Juden in dieser einstmals wichtigsten jüdischen Stadt im Mittelmeerraum nach Auschwitz ließ sich im Jüdischen Museum ergründen, während Professor Stratos Dordanas von der Universität Makedonien in einem Vortrag die zerstörerische deutsche Besatzung während dieser Zeit erörterte.
Darüber hinaus bot sich der Gruppe dank der Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung die Gelegenheit, sich intensiv mit den Folgen der EU-Flüchtlingspolitik in Griechenland auseinanderzusetzen, da die sogenannte Balkanroute in Griechenland in die EU mündet. Zwei Vertreterinnen von Nichtregierungsorganisationen, die sich für Geflüchtete engagieren, berichteten von ihrer Arbeit und den Herausforderungen, mit denen sie durch die griechischen Behörden und die EU-Grenzschutzagentur Frontex konfrontiert sind.
In Zypern, der zweiten Station der Reise, stand vor allem der Zypernkonflikt im Vordergrund. Anhand zahlreicher Gespräche zu unterschiedlichen Facetten des Konflikts war es für die Teilnehmenden möglich, sich ein differenziertes Bild über Konfliktparteien, Streitpunkte und Lösungsansätze zu machen. Neben Diskussionen mit Forschern gab es auch die Möglichkeit, sich mit zivilgesellschaftlichen Akteuren aus der Republik Zypern und aus Nordzypern auszutauschen. Einen Einblick in die Einschätzung internationaler Akteure lieferten zum einen Vorträge der deutschen Botschafterin, des britischen Deputy High Comissioners und eines Vertreters der EU-Delegation vor Ort. Andererseits ließ sich im Zuge einer Stadtführung in Nikosia die Präsenz der UN-Mission UNFICYP, die in Zypern die Pufferzone zwischen der Republik Zypern und Nordzypern überwacht, ungefiltert beobachten.
Darüber hinaus sorgte eine geführte Tour durch Nordzypern einschließlich eines Besuchs der „Geisterstadt“ Varosha dafür, vertiefte Einblicke in die Situation im Norden der Insel zu erhalten. Zudem gab es die Chance, mit Fachleuten sowohl über regionale Geopolitik im Zusammenhang mit den Gasfunden im Östlichen Mittelmeer als auch über die zypriotische Haltung zu Russland im Kontext des Ukrainekrieges zu diskutieren.
Ein besonderer Höhepunkt der Studienreise war der Besuch des nationalen Unterstützungselements des deutschen UNIFIL-Kontingents im Hafen von Limassol. Fregattenkapitän Brockmann und sein Team berichteten von der Bedeutung des Unterstützungselements für das deutsche UNIFIL-Kontingent; und die Studierenden erhielten zugleich einen wertvollen Einblick in den Alltag von Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz.