Ein wichtiges Zeichen für Frieden, Freiheit und Demokratie
6 Dezember 2021
Dr. Peter Tauber spricht mit Dr. Percy Smend, dem Enkel des Widerstandskämpfers Günther Smend über die Ereignisse des 20. Juli 1944 und über deren Bedeutung für die Deutschen und die Bundeswehr in der heutigen Zeit.
Prof. Hedwig Richter (Professur für Neuere und Neueste Geschichte) hatte am 17. November 2021 zu einem besonderen Diskussionsabend eingeladen. Vor 50 Studierenden und Mitgliedern der Universität der Bundeswehr München (unter Beachtung der aktuellen 3-G-Regeln) und zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern via Livestream sprach Dr. Peter Tauber, Parlamentarischer Staatssekretär a.D. und zurzeit Habilitand an der Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften, mit Dr. Percy Smend, dem Enkel des Widerstandskämpfers Günther Smend über die Ereignisse des 20. Juli 1944 und die Rolle seines Großvaters beim bedeutendsten Umsturzversuch des militärischen Widerstandes. Dabei ging es nicht nur um das versuchte Attentat an sich, sondern auch um die Frage nach dessen Bedeutung für die Deutschen und die Bundeswehr in der heutigen Zeit.
Verschiedene Annäherungsmöglichkeiten an den 20. Juli 1944
Zu Beginn der Veranstaltung berichtete Dr. Smend auf eindrückliche Weise von den letzten Wochen seines Großvaters vor dessen Ermordung. Dabei zitierte er auch aus dessen Tagebuch das für den Widerstandskämpfer wichtige Bibelzitat: „Ich habe einen guten Kampf gekämpft. Ich habe den Lauf vollendet. Ich habe Glauben gehalten.“ Günther Smend wurde nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 in Berlin verhaftet, kam ins Gefängnis des Reichssicherheitshauptamtes, wurde Mitte August aus der Wehrmacht ausgestoßen und als Mitwisser des Attentats am 30. August zum Tode durch Erhängen verurteilt. Die Hinrichtung erfolgte wenige Tage später am 8. September 1944 im Gefängnis Plötzensee.
Dr. Tauber zeigte in seinem Kurzvortrag anhand mehrerer Punkte auf, wie er sich heute dem 20. Juli 1944 nähert: zum einen über die historische Ebene, denn der 20. Juli „ist sicherlich nicht nur in der deutschen Militärgeschichte, sondern generell in der Geschichte des 20. Jahrhunderts für die Deutschen einer der hellen Momente, die sinnstiftend sein können“, so der Historiker. Wenn man die geplante Regierungserklärung der Männer des 20. Juli 1944 läse, würde man an vielen Stellen denken, so ähnlich stehe es auch in der Präambel des Grundgesetzes sowie in den Grundrechtsartikeln. „So ist der 20. Juli viel mehr als ein Akt des rein militärischen Widerstands, er ist konstitutiv für unsere Bundesrepublik“.
Auf einer zweiten Ebene betrachtete Dr. Tauber dann das Vorgehen der Widerstandskämpfer genauer. Zu ihrem Handeln gehörte eine gewisse Haltung, eine Prägung und Werte, die so unumstößlich für die Männer waren, dass sie ab einem gewissen Zeitpunkt zu dem Entschluss kamen, ihren Eid zu brechen und in den Widerstand zu gehen. Und zu handeln. Hier könne man die Frage anschließen: „Sind die Männer des 20. Juli daher nicht auch heute noch handlungsleitend für unsere Generation“?
Abschließend beschäftigte sich der Historiker dann mit dem Blick auf das Ereignis aus der eigenen Sichtweise heraus: Was macht dieses Ereignis mit uns individuell? Und was nehmen wir daraus für uns mit?
Vorbild: „Remembrance Day“
Im weiteren Verlauf des Abends gingen die beiden Protagonisten auch auf den heutigen Umgang der Deutschen mit dem 20. Juli 1944 ein, hier brachte Dr. Smend den „Remembrance Day“ (den Tag, an dem den Opfern des 1. Weltkrieges gedacht wird) ins Gespräch, der in England jedes Jahr am 11. November gefeiert wird und große Aufmerksamkeit und Unterstützung im gesamten Land erhält. Woran läge es, dass dies in Deutschland nicht auch in dieser Form umgesetzt würde? Dr. Tauber erklärte hierzu: „Die Bundeswehr zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine der wenigen Armeen auf der Welt ist, die auf eine Negativtradition gründet, also bewusst nicht so sein will wie die Vorgängerarmee (…) Das gilt im Grunde ja auch für die gesamte Bundesrepublik. Die spannende Frage ist ob eine Republik, die nach einer so langen Zeit bewiesen hat, dass sie in sich ruhen kann, nicht auch dazu kommen muss auch positive Identifikationsmerkmale zu stiften“.
Zum Ende der Veranstaltung, die von Prof. Richter moderiert wurde und an der sich die Studierenden rege mit ihren Fragen beteiligten, gab Dr. Tauber den Zuhörerinnen und Zuhörern noch einen guten Rat mit auf den Weg: „Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich in Ihrem Leben und auch in Ihrem Dienst soweit reflektieren, dass Sie von sich selber sagen können, das würde ich heute vielleicht ein bisschen anders machen als früher, ich bin besser geworden und ich fühle mich nicht nur Werten verpflichtet, sondern ich überprüfe für mich auch selbst immer, ob es die richtigen sind“.