Warum suchen so viele Menschen Asyl in Deutschland?
6 Juli 2016
Umfunktionierte Turnhallen, neue Mitschülerinnen und Mitschüler: In der Kinderuni zum Thema Asyl erfuhren die acht- bis zwölfjährigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, warum Flüchtlinge Schutz in anderen Ländern suchen und wie man sie dabei unterstützen kann.
„Was würdet ihr mitnehmen, wenn ihr euch auf bloß fünf Sachen beschränken müsstet?“, stellt Prof. Ursula Münch in den Raum. „So ein Koffer darf ja bei so einem weiten Weg nicht viel wiegen.“ Eine Flasche Wasser möchte ein Mädchen als erstes einpacken, auch an Essen sollte es nicht fehlen. Ein Kuscheltier, Kleidung und eine Decke oder ein Schlafsack sind weitere Vorschläge. Auf eines der wichtigsten Utensilien kommen die rund 20 Kinder erst später: Ein Handy mit GPS, um mit Familie, Freunden, aber auch anderen Geflüchteten oder Zurückgebliebenen in Kontakt zu bleiben und einen Fluchtweg zusammenzustellen.
Die Direktorin der Akademie für Politische Bildung Tutzing und beurlaubte Professorin der Politikwissenschaften und Dekanin der Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften an der Universität der Bundeswehr München spannte in der Kinderuni-Veranstaltung „Warum suchen so viele Menschen Asyl in Deutschland?“ den Bogen von Asylringen an Kirchentüren bis hin zu Spendenaktionen auf Schulfesten.
Warum flüchten?
Asyl heiße „sicherer Ort“, erklärt Prof. Münch den Kindern. Früher diente oft ein Tempel oder eine Kirche zum Schutz von Verfolgten – wer einst den sogenannte „Asylring“, eine Art Türklopfer an Kircheneingängen, berührte, galt als vor Verfolgern sicher. Krieg, Hunger oder Überschwemmungen – die engagierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kinderuni, die regelmäßig in Kooperation mit der Volkshochschule SüdOst stattfindet, kennen bereits viele Gründe Asyl zu beantragen. „Jeder neunte Mensch weltweit hat Hunger“, sagt Prof. Münch. Als die Schüler durchzählen, sind die meisten erstaunt: Allein zwei Teilnehmer der Kinderuni wären statistisch gesehen so schon von einem Nahrungsmangel betroffen. „Und Flüchtlinge gab es immer schon“, so Prof. Münch. Ob Maria und Josef, die aus Angst vor Herodes nach Ägypten flüchteten, und sogar im Märchen – bei den Bremer Stadtmusikanten zum Beispiel, die Schutz vor einer ungerechten Behandlung suchten. Unterscheiden müsse man immer, ob jemand freiwillig oder unfreiwillig auswandere.
Leben in Europa oft einzige Möglichkeit
In Deutschland sei nach dem Zweiten Weltkrieg der Satz „Politische Verfolgte genießen Asylrecht“ in der Verfassung verankert worden, um Flüchtlinge besser zu unterstützen, erklärt Prof. Münch. Bestimmte Fragen wie „Kommen Flüchtlinge nur zu uns?“ und „Was waren Flüchtlinge vorher von Beruf?“ nimmt sie vorweg und macht den Kindern deutlich, dass Flüchtlinge zunächst in Nachbarländern Zuflucht suchen, hier aber aufgrund der zunehmenden Anzahl von Schutzsuchenden nur in rudimentär ausgestatteten Lagern untergebracht werden können, wenig Nahrung pro Tag zur Verfügung haben und daher in einer Flucht nach Europa oft den einzigen Ausweg sehen. Zu der aktuellen Flüchtlingssituation gäbe es verschiedene Meinungen, so Prof. Münch. Auf der einen Seite bemängelten viele die hohen Investitionen, andere wiederum hofften auf eine Schaffung von Arbeitsplätzen.
Zum Schluss sind die Kinder sehr positiv eingestimmt. Was sie selbst tun könnten, um Flüchtlingen das Leben in Deutschland zu erleichtern? „Erst einmal kennenlernen“, ruft ein Kind in den Hörsaal. „Mit ihnen spielen – zum Beispiel Fußball“, schlägt eine Schülerin vor. Eine gute Strategie wäre, sich vorzustellen, wie es einem selbst gehen würde, rät Prof. Münch.