Am 09. November 2023 wurde von founders@unibw in enger Zusammenarbeit mit dem Behördenspiegel erneut der Defence Innovation Pitch Day in München veranstaltet. Zweck und Ziel der Veranstaltung war es, relevante Zukunftstechnologien junger und innovativer Unternehmen den Truppeninnovatoren aus den Reihen der Bundeswehr sowie der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie zu präsentieren. Bei dem Format sollen Startups die Möglichkeit erhalten, Zugang zu Branchengrößen zu erhalten, ihre Ideen zu präsentieren und sich mit Unternehmensvertretern auszutauschen.
Technische Innovationen, die Steigerung der Effektivität und Effizienz von Waffen- und Führungssystemen, sowie das Reformieren der Beschaffungs- und Materialwirtschaft standen in diesem Jahr beim Defence Innovation Pitch Day auf dem Programm. Neben spannenden Startup Pitches gab es auch viele inspirierende Impuls- und Keynote-Vorträge.
Nach einer Begrüßung von Benjamin Bauer, Mitglied der Geschäftsleitung des Behördenspiegel, wandte sich auch Prof. Dr. Rafaela Kraus von der Universität der Bundeswehr München an die knapp 100 Gäste. Sie freue sich, dass derart viele Startups präsentieren würden, vor allem aber, dass auch in diesem Jahr wieder viele Unternehmen und Entscheidungsträger vor Ort seien. „Der Defense Innovation Pitch Day bietet Chancen und ist etwas, dass das Ökosystem Forschung, Innovation und Verteidigung voranbringt“, sagte Kraus. Man wolle und müsse wehrhaft und vorbereitet sein, so die founders@unibw-Initiatorin. „Wenn es sein muss“, so Kraus.
Dies unterstrich in seinem anschließenden Keynote-Vortrag auch Wolfgang Sachs, Ministerialrat im Bundesministerium der Verteidigung. Er ging dabei vor allem auf die Komplexität vernetzter Systeme, insbesondere bei der Bundeswehr ein, sowie deren Cyber-Sicherheit im Gesamtsystem.
„Die Universitäten sind ein Nukleus für hochprofessionelle, hochspezialisierte Technologietransfers“
Thomas Sattelberger, Parlamentarischer Staatssekretär a.D. äußerte beim Thema Technologische Souveränität, insbesondere bei Frühwarnradarsystemen und der Erneuerungsfähigkeit der Truppe, konstruktive Kritik. Die Bundeswehr benötige mehr Experimentierräume, kultureller und organisatorischer Natur. Die Universitäten lobte er: „Die Unis sind Innovations-Biotope – und die Politik muss mehr Freiheiten geben – ohne eine alte Bürokratie.“ Besonderer Erwähnung fand in seinem Vortrag die Arbeit von Prof. Dr. Rafaela Kraus und den Mitarbeitern von founders@unibw der Bundeswehr Universität München - und setzte diese mit einem Aufbruch in eine neue Zeit gleich. „Die Universitäten sind ein Nukleus für hochprofessionelle, hochspezialisierte Technologietransfers“, so Sattelberger. „Es muss eine ganz neue Kraft entstehen, die die bisherige Null-Risiko-Kultur in der Beschaffung aufbricht.“
Eindrucksvoll war auch der Vortrag von Oberst i.G. Sascha Mies, Kommando Cyber- und Informationsraum. Verbesserungsbedarf habe die Bundeswehr an der digitalen Infrastruktur. Man spreche ständig von hochkomplexen Dingen wie Künstlicher Intelligenz, man müsse aber zunächst die bereits bestehenden Strukturen reformieren. Man benötige Standards, die nicht nur einfach, sondern auch nachvollziehbar seien. Sein Appell: „Adaptieren und Improvisieren!“
„Wir können zu echten Innovationsprofis werden“
Im Block „Impulse aus Forschung und Innovation“ hielten zunächst Felix Kästner und Fabian Obster von founders@unibw einen Impulsvortrag über Empowerment in der Marine. Ebenso wurde dem Publikum Dtec.bw vorgestellt, sowie Dual-Use Projekte und Anknüpfungspunkte für Startups und Unternehmen.
Bei der Auswertung von qualitativen und quantitativen Befragungen innerhalb der Bundeswehr, sei aufgefallen, „dass die meisten Befragten der Meinung sind, dass sie die starre Bürokratie daran hindere“, an Innovationen und Innovationsprojekten zu arbeiten. Fabian Obster fügte hinzu, dass man es deshalb schaffen müsse, klare Zuständigkeiten zu vergeben. Die Infrastruktur dafür sei schließlich gegeben. Der Konsens der beiden Redner: „Wir können zu echten Innovationsprofis werden!“
Gelebte Fehlerkultur als Ansporn
Matthias Hoffmann aus dem founders@unibw Team stellte das Intrapreneurship-Programm IntraXperience der Universität der Bundeswehr München vor. Die gute Nachricht: „Als Gründer-Uni stehen wir im nationalen Vergleich sehr gut da“, sagte Hoffmann in seinem motivierenden Keynote-Vortrag.
Der Sinn und Zweck der Startup-Kultur werde noch nicht überall und von allen verstanden. Startups hätten einen gänzlich anderen Auftrag als Unternehmen. „Es geht dabei um gelebte Fehlerkultur – Aufzeigen, wo es in der Bundeswehr hakt – und diese Dinge dann verbessern“, so Hoffman.
The ugly truth about German Defense
Erneut spannend wurde es beim Impulsvortrag von Marc Wietfeld, Founder und CEO von ARX Landsysteme. In seiner Rede kritisierte er ebenfalls die zu umständliche Beschaffungsökonomie der Bundeswehr und deren Prüfverfahren. „Macht es Sinn, dass ein Panzer nach zivilen Prüfmechanismen unter die Lupe genommen wird?“, fragte er die Anwesenden. Der Soldat brauche verlässliche Produkte. Nur dieser, als User, könne am Ende das Produkt entsprechend beurteilen. „Innovation ist in unserer Branche schwierig, da sie kein Preisschild hat. Niemand will in Vorleistung gehen; das Risiko ist für viele zu hoch!“, so Wietfeld zusammenfassend. Defence-Startups hätten es daher sehr schwer. Wietfeld kritisierte dabei unter anderem die Überregulierung mit ihrer hohen Zertifizierungsdichte, viel zu lange Sales Cycles und die verhältnismäßig brache Inventorenlandschaft.
Der Einsatzzweck eines neuen Fahrzeugs müsse in effizienten Schritten adaptierbar sein, so Wietfeld. Dabei bezog er sich an die Rede von Oberst i.G. Mies und wiederholte seinen Appell: „Adaptieren und Improvisieren!“. Man müsse fortan Produkte entwickeln, die nicht auf eine Ausschreibung warten. „Wir brauchen Technologiesouveränität für unsere Streitkräfte“, schloss Wietfeld unter eifrigen Applaus.
Auch der Nachmittags-Block begeisterte die Anwesenden mit interessanten Pitches aus den Bereichen Defence Startups und sicherheitsrelevanter Ausgründungen. Beim anschließenden Beer Call konnte sich im Anschluss in lockerer Atmosphäre ausgetauscht und genetzwerkt werden.