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Grübeln und Gedankenkreisen – belastend und schwer kontrollierbar

Beim Grübeln kehren die gleichen Gedanken immer wieder, sie drängen sich regelrecht auf.  Das Denken wiederholt sich in immer gleichen Schleifen. In der Fachsprache sprechen Psychologen auch von Rumination – lateinisch für Wiederkäuen. Wiederkäuen wiederum ist der Prozess, bei dem Rinder ihre bereits teilweise verdaute Nahrung aus dem Magen wieder ins Maul befördern und nochmals kauen. Was für ein treffendes Bild für einen Vorgang, bei dem auch wir Menschen immer wieder auf den selben Gedanken herumkauen. Aber was Rindern bei ihrer Verdauung hilft, kann für uns Menschen zu einer großen Belastung werden. Das Denken umkreist ewig die gleichen Themen. Es ist unproduktiv. Man kommt auf keine Lösung. Trotzdem kann man sich nicht davon lösen und über andere Dinge nachdenken, es ist schwer zu kontrollieren.

Typische Grübelthemen sind eigene Schwächen oder Fehlleistungen, wie die verpatzte Klausur oder die vermeintlich schlechte Figur, die man bei einem Referat gemacht hat. Oder auch falsche Entscheidungen, gar Zweifel an der Studienwahl. Oder Gedanken an unerfüllte Aufgaben, die Klausur steht an und wieder ist ein Tag vergangen, ohne dass der Lernstoff vorbereitet wurde. Dabei sind die Gedanken immer auf die eigene Person bezogen, sie sind selbstkritisch und abwertend. Wie ein Magnet zieht ein Grübelgedanke weitere Gedanken an – das Denken verdüstert sich. Psychologen nennen das den Hefeteig-Effekt: wie der Hefeteig, der aufgeht, wächst beim Grübeln die negative Stimmung an und man findet sich in einer dunklen Wolke wieder. Denn das müssen wir uns klarmachen: Unsere Gedanken beeinflussen unsere Gefühle. Grübeln führt dazu, dass bestehende emotionale Zustände wie Traurigkeit, Wut oder Angst aufrechterhalten werden und sich sogar noch verschlimmern können.

Was lässt sich gegen das Grübeln tun?

Das Problem ist, dass das Grübeln leicht zur Gewohnheit wird. Kontextvariablen lassen es wahrscheinlicher werden: so grübeln wir meistens morgens und abends. Und wir grübeln überwiegend alleine und nicht, wenn wir in Gesellschaft sind. Das können wir uns zunutze machen! Grübeltechniken sind relativ simple, kleine Strategien. Die Schwierigkeit ist nicht, dass man etwas verstehen müsste, sondern dass man es so lange anwendet, bis die Strategien selber Gewohnheitscharakter gewonnen haben. Und wie legt man sich eine neue Gewohnheit zu?

Erst einmal, indem man schneller mitbekommt, dass man grübelt. Hier hilft die Zwei-Minuten-Regel (Teismann et al., Kognitive Verhaltenstherapie depressiven Grübelns). Einfach zwei Minuten mit dem weitermachen, was man gerade tut – also nachdenken oder grübeln. Im Anschluss daran sollte man sich folgende drei Fragen stellen:


  • Bin ich in den letzten zwei Minuten mit einer Problemlösung weitergekommen?
  • Habe ich in den letzten zwei Minuten irgendetwas verstanden, was mir vorher nicht klar war?
  • Bin ich weniger selbstkritisch oder niedergestimmt gewesen?


Wenn ich nicht mindestens eine der Fragen mit ja beantworten kann, dann ist das, was ich tue, höchstwahrscheinlich grübeln. Das heißt, ich sollte jetzt auf jeden Fall aus dem Gedankenkarussell aussteigen.

Ablenken/aktiv werden

Ablenken löst zwar keine Probleme, das Grübeln aber auch nicht. Ablenken kann zur Emotionsregulation hilfreich sein, um sich kurz zu beruhigen. Grübeln braucht viel mentale Kapazität, daher sollte man sich bewusst eine Pause von den eigenen Gedanken gönnen. Nehmen Sie einen Tapetenwechsel vor und gehen vor die Tür. Machen Sie einen Spaziergang oder gehen Joggen. Oder Sie holen sich einen Kaffee. Andere hilfreiche Aktivitäten sind Kochen, jemanden anrufen, eine Dokumentation ansehen, Putzen oder einkaufen gehen. Wenn die Gedanken festgefahren sind, kann die Pause helfen, sich neu zu orientieren. Für diejenigen, die morgens im Bett grübeln, ist es besonders wichtig, aufzustehen und nicht liegen zu bleiben. Wenn einen das Gedankenkreisen vom Schlafen abhält, sollte man ebenfalls aufstehen und etwas anderes tun. Machen Sie sich eine Tasse Tee oder werfen Sie einen Blick in ein interessantes Buch. Auch wenn es sich erst einmal unangenehm anhört, so hilft es einem doch, später besser einschlafen zu können.

Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment richten

Das Grübelkarussell lässt sich dadurch beenden, dass man die Aufmerksamkeit von den Grübelgedanken abzieht und auf etwas Anderes richtet. Am einfachsten ist dies, indem wir uns auf die Sinneseindrücke des Moments konzentrieren: das Sehen, Hören und Fühlen.

Eine einfach und wirklich überall durchführbare Übung dazu ist die 5-4-3-2-1-Übung. Eine Anleitung finden Sie hier >

Achtsame Distanzierung

Es ist wichtig, sich darüber klar zu werden, dass Gedanken keine Tatsachen sind. Gedanken sind Gedanken, nicht mehr und nicht weniger. Wir müssen daher nicht allem, was wir denken, Glauben schenken. Wenn ich denke, dass ich ein Versager bin, dann habe ich lediglich den Gedanken, ein Versager zu sein – nicht mehr. Die einfachste Strategie im Umgang mit solchen sich aufdrängenden Gedanken ist: Nichts tun! Sie müssen die Gedanken nicht loswerden, nicht abbrechen, sich nicht auf Diskussionen einlassen. Sie sehen einfach zu, wie die Gedanken kommen und gehen und machen sich klar, dass es nur Gedanken sind. Vorübergehende mentale Gebilde.

Sagen Sie sich bei negativen Gedanken ganz bewusst: „Aha. Das denke ich gerade. Ich bin nicht mein Gedanke, ich habe einen Gedanken.“

Eine hilfreiche Übung zur achtsamen Distanzierung von den eigenen Gedanken ist „Blätter im Fluss“. Eine Anleitung finden Sie hier >

 

Mehr Infos

Literatur

Wenn Sie sich intensiver in das Thema einlesen wollen, dann empfehlen wir folgende Literatur:

  • Tobias Teismann, Sven Hanning, Ruth von Brachel, Ulrike Willutzki: Kognitive Verhaltenstherapie depressiven Grübelns. Springer, 2017

Podcast

Als Info-Espresso zwischendurch können Sie folgenden Podcast zum Thema Grübeln genießen: