Schlaflos durch die Nacht, kopflos durch den Tag
Der Alltag kann uns manchmal bis in den Schlaf verfolgen- und uns dabei auch den Schlaf rauben. Dabei ist gesunder Schlaf doch überlebenswichtig. Für unsere Erholung, unser Immunsystem, aber vor allem auch für unser Gedächtnis und unsere Emotionsregulation. Hier finden Sie die wichtigsten Tipps und Links zum Thema Schlaf- denn ausgeschlafen studiert es sich einfach besser!
Inhalt
Auch zuviel Schlaf ist schädlich
Hilfe bei schlaflosen Nächten – die wichtigsten Tipps
Schlaf – was ist das?
Eigentlich wissen wir das gar nicht so genau. Nach außen wirkt Schlaf wie Ruhe – tatsächlich wird während des Schlafs aber sehr viel Aktivität gemessen und Energie verbraucht. Eine wissenschaftliche Definition liefert uns der Schlafforscher Michael Feld:
"Schlaf ist – kurz gesagt – eine durch verschiedene Besonderheiten gekennzeichnete Phase der Erholung, Reparatur und Regeneration des Organismus. Schlaf unterliegt beim Menschen einer zirkadianen und homöostatischen Steuerung, geht mit temporärem Bewusstseinsverlust einher, ist chronobiologisch auf die Nacht zugeschnitten, hat im Mittel eine Dauer von 7–8 Stunden und verläuft in etwa 90-minütigen Zyklen, innerhalb derer wiederum verschiedene Schlafstadien und Schlaftiefen auftreten: Leichtschlaf, Tiefschlaf und REM-Schlaf." (M. Feld: Schlaf und Stress, 2012)
Auch zu viel Schlaf ist schädlich
Dass bei Schlafmangel die Gehirnfunktionen leiden, wissen wir. Allerdings macht uns zu langes Schlafen auch nicht fixer im Kopf. Eine groß angelegte Studie zeigt, dass zu viel Schlaf genauso schädlich ist wie zu wenig. Optimal ist eine Dauer von 7 bis 8 Stunden. In der Studie schnitten die Teilnehmer in Tests einer Reihe von kognitiven Fähigkeiten wie logisches Denken, Argumentieren, Kurzzeitgedächtnis, räumliches Vorstellungsvermögen und Aufmerksamkeit schlechter ab, wenn sie weniger als 7 Stunden die Nacht geschlafen haben. Dasselbe galt aber auch für Probanden, die mehr als 8 Stunden geschlafen hatten. Vor allem die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu verstehen, leidet durch zu viel wie durch zu wenig Schlaf. Ursache könnte eine Art Schlafträgheit sein, die sich nach langem und tiefen Schlaf einstellt (Wild et al., Dissociable effects on self-reported daily sleep duration on cognitive abilities, Sleep, 2018).
Wir lernen im Schlaf
Kaum zu glauben, aber tatsächlich wahr. Denn damit gelernte Inhalte im Kopf bleiben, ist der richtige Schlaf entscheidend. Das hat die Hirnforschung mittlerweile mit zahlreichen Experimenten belegen können. So wurden in einem Versuch Studierenden Wortpaare dargeboten, die sie lernen sollten. Diese Wortpaare wurden am nächsten Tag abgefragt. Dabei durfte eine Gruppe der Studierenden schlafen, die andere nicht. Anderntags konnten sich die ausgeschlafenen Probanden deutlich besser an die Wortpaare erinnern. Während des Schlafs passiert also etwas, dass das Erinnerungsvermögen stärkt. Aber wie? Einen Hinweis liefert folgende Erweiterung des Experiments: auch diesmal sollten die Probanden Wortpaare lernen. Allerdings verriet man ihnen diesmal nicht, dass diese am nächsten Tag abgefragt werden sollten. Auch wenn die Probanden geschlafen hatten, konnten sie sich deutlich schlechter an die Wortpaare erinnern. Und das ist wohl eine der wichtigsten Funktionen des Schlafs: von all dem Input des Tages treffen wir eine Auswahl. Das Wichtige wird ins Langzeitgedächtnis übertragen, das Unwichtige nicht. Dazu muss man wissen: All die Informationen des Tages werden erstmal in einer Art Zwischenspeicher abgelegt, dem Hippokampus. Das ist eine Hirnregion, die für unser Gedächtnis von großer Bedeutung ist. Denn wenn die Informationen des Tages nicht konsolidiert werden, zerfallen sie und werden vergessen. Erst wenn sie im Langzeitgedächtnis abgespeichert sind, werden sie zu dauerhaften Erinnerungen. Und diese Übertragung vom Hippokampus ins Langzeitgedächtnis findet im Schlaf statt. Während der Tiefschlafphase signalisiert das Langzeitgedächtnis mittels Schwingungen dem Hippokampus: "Ich bin aufnahmebereit! Schick mir Informationen!" Daraufhin werden im Hippokampus genau die Neuronen erregt, die es auch waren, als wir die Informationen gelernt haben. So werden die Inhalte ins Langzeitgedächtnis übertragen und dauerhaft abgespeichert (Diekelmann & Born: The memory function of sleep. Nature Reviews Neuroscience, 2010).
Dos: Das, was ich lernen will, am Abend vor dem Schlafen nochmal bewusst wiederholen. Und mir dabei auch noch einmal bewusstmachen, dass ich das Gelernte später abrufen können muss.
Don’ts: Alkohol oder Schlafmittel. Denn das stört den Tiefschlaf und damit auch die Konsolidierung.
Schlaflos durchs Studium
In einer repräsentativen Umfrage der Techniker Krankenkasse konnte festgestellt werden, dass Schlafstörungen weit verbreitet sind – vor allem bei jungen Leuten und Studierenden. Bevor wir die Frage klären, ab wann man überhaupt von Schlafstörungen spricht, ein kleiner Hinweis: Schlafstörungen gehören zu den Symptomen, die zunehmen, wenn man sich zu sehr mit ihnen beschäftigt. Auch wenn es unangenehm ist, ist es durchaus normal, wenn wir mal eine Zeit lang länger brauchen, bis wir einschlafen können oder nachts häufiger aufwachen und dann nur schlecht wieder einschlafen können. Meist hat das mit Stress zu tun. Entweder zu viel Stress, zum Beispiel in Prüfungsphasen oder während Konflikten in der Partnerschaft. Dies führt zu einer körperlichen und gedanklichen Übererregung, die uns nachts wachliegen lässt. Aber auch zu wenig Stress ist schlecht für unsere Schlafgesundheit. Denn ohne positiven Stress (Eustress) kommen wir nicht in Aktivität und erreichen nicht das Energieniveau, das wir brauchen, um ausgelastet zu sein und entsprechend Schlafdruck aufzubauen.
Von Schlafstörungen im medizinischen Sinne spricht man, wenn folgende drei Kriterien erfüllt sind:
- die Schlafstörung dauert länger als drei Wochen,
- tritt öfter als dreimal pro Woche auf und
- man liegt länger als drei Stunden pro Nacht wach.
Einen guten Überblick, ob man an einer Schlafstörung leidet, bietet das Führen eines Schlaftagebuchs, das Sie hier herunterladen können. Erfassen Sie mit Hilfe des Schlaftagebuchs mindestens drei Wochen lang Ihren Schlafrhythmus aus Schlaf- und Wachzeiten. Über die Spalte „Befinden und Leistung“ können Sie sehen, ob die Leistungen im Studium an den Schlaf gekoppelt sind und ob das eigene Befinden wiederum den Schlaf beeinträchtigt. Über die Spalte „Nikotin, Koffein, Alkohol“ können Sie nachvollziehen, ob diese Substanzen Ihre Schlafqualität stören.
Hilfe bei schlaflosen Nächten – die wichtigsten Tipps
Königsweg bei Schlafstörungen sind Maßnahmen der kognitiven Verhaltenstherapie – diese sind wissenschaftlich gut belegt und führen anders als die rezeptpflichtigen Schlafmittel (sog. Benzodiazepine) nicht zu Abhängigkeiten.
Stimuluskontrolle
Die Stimuluskontrolle basiert auf der Annahme, dass bei Schlafstörungen das Schlafen richtiggehend verlernt wurde. Dabei ist die Assoziation „Bett = Schlaf“ entscheidend. Denn wenn wir gut schlafen, wissen wir ja eigentlich gar nicht, wie wir es machen. Es passiert einfach, wie zum Beispiel das Atmen auch. Man macht sich einfach gar keine Gedanken darüber. In dem Moment aber, wo wir anfangen, uns über das Schlafen Gedanken zu machen, geht auch die Angst vorm Zubettgehen los: „Ach, ob es heute klappt? Ich bräuchte doch so dringend Schlaf, morgen ist doch der wichtige Termin….“ Damit löst das Bett keine angenehme Reaktion mehr aus, sondern eine Stressreaktion. Daher empfehlen Schlafforscher: Wenn man nicht schlafen kann, dann raus aus dem Bett. Klingt total paradox, ist aber wirklich hilfreich. Wenn es nach ca. 20 Minuten nicht gelingt, einzuschlafen, dann aufstehen, in ein anderes Zimmer gehen, einen Tee machen und lesen. Und dann wirklich erst wieder ins Bett gehen, wenn Sie müde sind. Wenn Sie dann wieder nicht einschlafen können, wieder aufstehen – und das wird so lange wiederholt, bis man tatsächlich eingeschlafen ist. Natürlich ist das für uns eine ziemlich unangenehme Aussicht, weil wir würden ja gerne schlafen und sollen jetzt um 3:00 Uhr nachts aufstehen?! Aber: Dadurch, dass Sie aufstehen, schlafen Sie weniger und es wird ein kumulativer Schlafdruck erzeugt. Halten Sie das konsequent durch, auch über mehrere Tage und Wochen. Sie werden sehen, dass sich schnell Erfolge einstellen!
Schlafrestriktion
Wenn man schlecht schläft, sollte man nicht die Zeit im Bett verlängern. Mal ehrlich, jeder tut doch genau das: eine schlechte Nacht gehabt und dann geht man am nächsten Abend extra früh ins Bett. Man ist schließlich müde und hat was nachzuholen. Aber: Dann liegt man wieder wach und wartet bis er endlich kommt, der Schlaf. Die Schlafrestriktion gibt ein Zeitfenster von sieben Stunden vor. Man geht also zum Beispiel um 23:00 Uhr ins Bett und steht um 6:00 Uhr auf. Auch das ist für viele wieder eine totale Schreckensvorstellung. Aber so steigt eben der natürliche Schlafdruck. Auch hier heißt es, halten Sie das drei, vier Nächte konsequent durch, werden Sie sehen, wie schnell Sie plötzlich einschlafen können. Dann können langsam die Schlafzeiten gesteigert werden. Aber Achtung: Denken Sie daran, dass sieben bis acht Stunden optimal sind. Wenn Sie den Wunsch nach neun oder gar zehn Stunden Schlaf pro Nacht haben, dann entspricht dieser möglicherweise nicht ihrem Schlafbedürfnis.
Regelmäßiges Zubettgehen: Immer zur selben Zeit rein und immer zur selben Zeit raus
Auch am Wochenende und im Urlaub. Dieser Punkt ist vor allem dann zu beherzigen, wenn wir unseren Schlaf- Wach-Rhythmus nach hinten verschoben haben. Wenn Sie sich zum Beispiel angewöhnt haben, nachts erst ab 3:00 Uhr einzuschlafen, dann stellen Sie sich ab jetzt regelmäßig den Wecker auf 7:00 Uhr und stehen konsequent so früh auf, auch wenn das bedeutet, dass Sie dann nur vier Stunden geschlafen haben. Halten Sie den Tag auf jeden Fall ohne Nickerchen durch – denn das würde Ihnen wieder den Schlafdruck nehmen. Dann konsequent um 23:00 Uhr ins Bett. Wenn Sie einschlafen können, prima! Wenn nicht, greifen die Maßnahmen der Stimuluskontrolle. Nach ein paar Nächten haben Sie dann wieder Ihren Rhythmus und bleiben bitte auch dabei.
Vorsicht mit Alkohol – Bier und Wein schaden dem Schlaf
Dass Alkohol für eine schlechte Nachtruhe sorgt, ist vielen von uns nicht bewusst. Schließlich kann ein Gläschen Wein zunächst sogar beim Einschlafen helfen. Kurz nach dem Schlafengehen zirkulieren meist noch größere Mengen Alkohol im Blut. Das sorgt zunächst für die sedierende Wirkung: Der Schlaf in der ersten Nachthälfte ist meist tief. Ist der Alkohol nach einigen Stunden Schlaf allerdings allmählich abgebaut, schlägt die Wirkung ins Gegenteil um. Der Schlaf wird leichter und unruhig, das Herumwälzen beginnt. Ebenfalls wenig schlaffördernd ist, dass Alkohol den Harndrang verstärkt – mit der Folge, dass nachts das Bad häufiger besucht werden muss.
Schnelle Hilfe bei der schlaflosen Nacht vor der Prüfung
Morgen steht die wichtige Klausur an und deshalb ist es doch besonders wichtig, ausgeschlafen und damit besonders leistungsfähig zu sein. Aber anstatt selig zu schlummern, wälzen wir uns im Bett und können vor Aufregung kein Auge zu tun. Das ist unangenehm, aber ziemlich normal und keine Katastrophe. Bitte keine Angst vor zu wenig Schlaf. Denn der Körper wird vor dem wichtigen Ereignis sowieso genügend Stresshormone ausschütten, die uns leistungsfähig machen. Die Gefahr, dass wir während der Klausur einschlafen, besteht also nicht. Damit Sie die Nacht aber dennoch einigermaßen ruhig überstehen, empfehlen wir entspanntes Atmen nach der 47-11-Regel. Das geht ganz einfach: 4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden ausatmen und das 11 Minuten lang. Damit fährt ihr Körper die Übererregung runter und entspannt sich. Sie müssen nur wirklich die 11 Minuten durchhalten. Viel Erfolg!
Mehr Infos
trainSLEEP
Wir wissen, dass unser Artikel nur eine kurze Übersicht zum Thema Schlaf liefern kann. Der Psychologische Dienst der Bundeswehr bietet mit dem online-Schlafcoaching-Programm trainSLEEP einen Baustein für das Training der psychischen Fitness für Bundeswehr-Angehörige an. Um eine Basis für gesundes Schlafverhalten zu vermitteln, besteht trainSLEEP aus drei Säulen:
- Psychoedukation,
- Selbstreflexion mittels Schlaftagebuch sowie
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gezielte Anleitungen zur Verhaltensmodifikation und Entspannungsmethoden.
Das online-Präventionsprogramm ist auf eine fünfwöchige Trainingsdauer ausgelegt und ist auf digitalen Lernplattformen der Bundeswehr für Bw-Angehörige frei zugänglich: www.trainsleep.de.
Literatur
- Ärzteblatt: "Schlafstörungen. Kognitive Verhaltenstherapie als Mittel der ersten Wahl."
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Zulley Jürgen: Mein Buch vom guten Schlaf: Endlich wieder richtig schlafen. 2010, Goldman Verlag