Zur Untersuchung von Gesamttriebwerken und Triebwerkkomponenten wurde in den 1970er Jahren am ISA eine Triebwerks-Versuchsanlage mit zwei unterschiedlichen Prüfständen eingerichtet. Sie dient sowohl zur Durchführung von Lehrveranstaltungen als auch zur Bearbeitung von Forschungsvorhaben. Seit 2007 ist die Anlage Bestandteil des an der Universität der Bundeswehr eingerichteten Kompetenzzentrums der MTU Aero Engines, in dessen Rahmen innovative Triebwerkstechnologien entwickelt werden.
Triebwerks-Prüfstand
Konzipiert wurde die Anlage für das Betreiben von Turbojet- und kleinen Turbofantriebwerken. In einer umfassenden Modernisierung im Jahr 2011 konnte das mögliche Schubniveau von 30kN auf 50kN gesteigert werden. Aktuell stehen dem Institut vier verschiedene Triebwerkstypen für verschiedene Einsatzzwecke zur Verfügung:
Als Forschungstriebwerk für Themen im Bereich Verdichterinstabilitäten und deren aktiver Bekämpfung wurde ein Larzac 04 C5 aufgerüstet und mit umfangreicher Messtechnik ausgestattet. Es bietet eine hervorragende Plattform für diese Art der Untersuchungen und ermöglicht Bachelor- und Masterarbeiten in aktuellen Forschungsbereichen. Entwickelt und vertrieben von den Firmen SNECMA und Turbomeca wurde es als Antrieb für den Alpha Jet der deutschen Luftwaffe genutzt.
Für Forschung im Bereich More Electric Engine (MEE), aber auch darüber hinaus, wurde im Rahmen des Kompetenzzentrums ein modernes Turbostrahltriebwerk MexJET vom Typ EJ200 Ende 2011 in Betrieb genommen. Es stellt seither einen sehr attraktiven Versuchsträger für zukünftige Forschungsaufgaben dar.
Das Bristol-Siddeley Orpheus ist ein einfaches Einwellentriebwerk, das bevorzugt in der Lehre im Rahmen des Apparativen Gerätepraktikums eingesetzt wird. Das Aggregat wurde in der Luftwaffe bis 1982 in der Fiat G91 eingesetzt.
Zusätzlich verfügt das Institut über ein Rolls Royce RB145 mit Nachbrenner, welches allerdings ausschließlich zu Demonstrationszwecken verwendet wird. Dieses Triebwerk aus den 60er Jahren war nie in einem Serienflugzeug verbaut, sondern wurde ausschließlich im EWR VJ-101 Senkrechtstarterprototyp verwendet.
KOMPETENZZENTRUM MORE ELECTRIC ENGINE
Die MTU Aero Engines und die Universität der Bundeswehr in München haben am Mittwoch, den 19. Dezember 2007, ein gemeinsames Kompetenzzentrum „More Electric Engine“ gegründet und eine langjährige Zusammenarbeit auf diesem Gebiet vereinbart. Das Kompetenzzentrum soll Konzepte für Triebwerke entwickeln, die den hohen Anforderungen an elektrischer Energie für zukünftige Flugzeuggenerationen befriedigen können. Der Vertrag wurde auf dem Universitätsgelände in Neubiberg von den Vertragspartnern unterschrieben. Für die MTU unterzeichnete Technik-Vorstand Dr. Rainer Martens und für die Universität der Bundeswehr die Präsidentin Prof. Dr. Merith Niehuss.
Attraktive Partnerschaft
MTU Aero Engines unterhält bereits Kompetenzzentren zu unterschiedlichen Themen mit der RWTH Aachen, der TU München und der TU Stuttgart. "Wir freuen uns sehr über das neue Kompetenzzentrum – vor allem mit einem Partner, mit dem wir schon seit über zwei Jahrzehnten erfolgreich zusammenarbeiten“, erklärte der MTU-Technik-Chef Martens im Hinblick auf die Kooperation mit der Universität der Bundeswehr München. Die Präsidentin der Universität, Prof. Niehuss erklärte: „Wir sind zwar eine kleine Universität, aber wir brauchen den Vergleich nicht zu scheuen. Das neue Kompetenzzentrum unterstreicht die Bedeutung der Universität der Bundeswehr als attraktiver Partner für die anwendungsorientierte Forschung im Bereich der Luftfahrt." Besonders freue sie, dass mit dem Kompetenzzentrum Forschung "über Fakultätsgrenzen hinaus" betrieben werde. Beteiligt sind neben dem Institut für Strahlantriebe an der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik (Prof. Reinhard Niehuis) auch Professuren der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik: Elektrische Antriebstechnik und Aktorik (Prof. Dieter Gerling) sowie Sensorik und Messsysteme. Aus der bereits zwischen Prof. Gerling und der EADS laufenden Technologieentwicklungen zum Thema „More Electric Aircraft“ erwarten sich alle beteiligten Partner des Kompetenzzentrums nutzbringende Synergien.
Umweltverträglichere Flugzeuge
Ziel der Kooperation ist es, technologische „More Electric Engine“-Lösungen sowie die dafür erforderlichen Komponenten und Mess- und Regelungssysteme zu entwickeln. In Flugzeugen sollen künftig verstärkt elektronische Komponenten zum Einsatz kommen. Dies ist eine Möglichkeit, um die Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit von Passagierflugzeugen zu steigern. Die dafür notwendige elektrische Energie wird vom Triebwerk geliefert. Deshalb muss die Triebwerksarchitektur erweitert werden, unter anderem durch die Integration neuer, leistungsstarker Generatoren.
Neues Flugtriebwerk für die Universität
Erstes sichtbares Zeichen der Kooperation ist ein neues Versuchstriebwerk, das der Universität von der MTU für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt wird. „Das Triebwerk wird eine zentrale Rolle bei den geplanten interdisziplinären Forschungsarbeiten spielen und eröffnet uns langfristige und spannende Forschungsarbeiten, die so an keiner anderen Universität in Deutschland möglich sind“, erklärte Prof. Niehuis.