Jahreskolloquium 2023
“Science is no fiction! Zukunftsperspektiven der (Risiko)Forschung”

Das diesjährige RISK Jahreskolloquium „Science is no fiction! Zukunftsperspektiven der (Risiko)forschung“ am 12. Oktober 2023, stand ganz im Zeichen der Forschung seiner Mitglieder. Die Veranstaltung eröffnete der Vizepräsident für Forschung, wissenschaftlichen Nachwuchs und nachhaltige Entwicklung der Universität der Bundeswehr München, Prof. Dr.-Ing. Geralt Siebert. Er betonte die Komplexität von aktuellen Herausforderungen, mit denen wir als Gesellschaft zu tun haben. Herr Prof. Siebert wies darauf hin, dass das Forschungszentrum RISK in verschiedenen Forschungsbereichen aktiv ist, was es ihm ermöglicht, die Sicherheitsfragen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Die Komplexität der aktuellen Herausforderungen erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der nur durch die Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen erreicht werden kann. Das Forschungszentrum liefert somit einen wichtigen Beitrag, um Antworten auf die komplexen Sicherheitsfragen unserer Zeit zu finden.


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Nach der Ansprache des Vizepräsidenten begrüßte Herr Prof. Dr.-Ing. Karl-Christian Thienel, Vorstand des FZ RISK, die Teilnehmenden des Jahreskolloquiums. Er gewährte einen Einblick in die Geschichte und Entwicklung des Forschungszentrums und betonte dabei dessen Forschungsziele, insbesondere die Untersuchung der Beziehung zwischen Freiheit und Sicherheit. Herr Prof. Thienel betonte, dass die Expertise der Mitglieder zunehmend gefragt wird, was auf die Relevanz der Forschung des Zentrums hinweist. Insbesondere betonte er die Aktualität des gewählten Themas des Jahreskolloquiums, da es die Möglichkeit bietet, verschiedene Forschungsbereiche der Mitglieder und ihre Zukunftsperspektiven exemplarisch vorzustellen.

Breite Themenauswahl in den Panels

Das Kolloquium bestand aus drei Panels mit jeweils zwei Vorträgen und anschließender Podiumsdiskussion. Der erste Vortrag „Perspektiven für die Risikoforschung am Beispiel des KRITIS-Dachgesetzes“, gehalten von Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Norbert Gebbeken, behandelte den Entwurf des KRITIS-Dachgesetzes (Gesetz zur Umsetzung der CER-Richtlinie und zur Stärkung der Resilienz kritischer Infrastrukturen) und kritisierte dessen Mangel an klaren Definitionen für verwendete Begriffe, als auch die Verwendung der Begriffe „Gefahr“ und „Risiko“ als Synonyme. Prof. Gebbeken sprach auch über die Grundsatzthemen der Sicherheitsforschung wie z. B. das Spannungsverhältnis zwischen „Freiheit“ und „Sicherheit“. Er unterstrich an dieser Stelle, dass es nur ein Recht auf Freiheit, nicht aber auf Sicherheit gibt. Er diskutierte auch die Wechselwirkung zwischen der Sicherheit, deren Kosten und gesellschaftlicher Akzeptanz.

Im gleichen Panel präsentierte Herr Simon Christian Becker seinen Vortrag „Status quo und die Zukunft von risikobasierter Steuerung komplexer öffentlicher Beschaffungsprojekte für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit“, in dem er über die Rolle des Risikomanagements im Vertragswesen bei Großprojekten im öffentlichen Sektor sprach. Er stellte dabei das dtec.bw Projekt „DigiPeC – Digital Performance Contracting Competence Center“ vor. Das Projekt zielt darauf ab, ein Kompetenzzentrum aufzubauen, welches das Vertragswesen im öffentlichen Sektor hin zu anreizorientierten und risikoanalyse-basierten Verträgen verändert. Herr Becker betonte den Einfluss von Politik und politischen Motiven auf öffentliche Aufträge und nannte als Beispiele die zweite S-Bahn-Stammstrecke in München und den Berliner Flughafen.

Das zweite Panel bestand aus dem Vortrag „Zukünftige Risikobewertung im Spannungsfeld von globaler internationaler Vernetzung und regionaler Sektorbasiertheit: Design und Optimierung von XAI-basierten Reach-Back-Prozessen“ von Herrn Prof. Dr. Stefan Pickl, Herrn Prof. Dr. Maximilian Moll und Frau Prof. Dr. Maryna Zharikova und dem Vortag „Aufspüren von Desinformationen im Katastrophenfall: Von qualitativen und punktuellen Auswertungen hin zum Social Media Monitoring“ von Prof. Dr. Jasmin Riedl. Im ersten Vortrag wurde die Thematik der KI-unterstützten Entscheidungssysteme beleuchtet. Es wurde betont, dass KI ein Werkzeug ist, dessen Anwendung Grenzen und Risiken birgt. Die schnelle Datenanalyse der KI ermöglicht zwar die Annäherung an die Vorhersage von "Unvorhersehbarem", doch es wurde betont, dass KI lediglich eine Unterstützung für Entscheidungsträger/Entscheidungsträgerinnen ist und nicht als Ersatz dienen kann. Die KI kann dazu beitragen, Schäden in bestimmten Situationen zu reduzieren, aber das Schadensrisiko kann nicht auf null reduziert werden.

Im zweiten Vortrag lag der Fokus auf der Desinformation im digitalen Raum während Katastrophenlagen. Frau Prof. Riedl erläuterte die Unterschiede zwischen Desinformation und Falschinformationen und skizzierte die Entwicklung dieses Phänomens im Internet während der Flutkatastrophen in Passau 2013 und im Ahrtal 2021. Sie diskutierte die aktuellen Herausforderungen beim Monitoring von Desinformationen durch Hilfsorganisationen und wies auf finanzielle und technische Hindernisse hin, die einer Automatisierung entgegenstehen. Prof. Riedl schlug potenzielle Lösungen vor, darunter die Nutzung von Low-Code-Plattformen, um das Monitoring effektiver zu gestalten. Sie sprach auch darüber, wie die Desinformationen im digitalen Raum zur Gefahr für Helferinnen und Helfer im realen Einsatz werden kann. 

Das letzte Panel beschäftigte sich mit dem Thema der Perspektiven des digitalen Friedensjournalismus. Prof. Dr. Stephan Stetter hielt den Vortrag „Moderne digitale Subjektivitäten und Peacebuilding am Beispiel der Zukunftsperspektiven für Libanon“. Der Vortrag fokussierte sich auf die Rolle sozialer Medien als alternativer politischer Plattformen im Libanon. Prof. Stetter betonte, dass soziale Medien nicht nur als Orte der Polarisierung, sondern auch als Plattformen mit deeskalierendem Potenzial betrachtet werden sollten. Einen der Gründe für die angespannte politische Situation im Libanon sieht Herr Prof. Stetter in der Verfassung des Libanons, die auf Konfessionalismus basiert und Anpassungen an die aktuellen Realitäten des Landes erschwert. Das andere große Problem ist die allgegenwärtige Korruption. In dieser Realität bieten die sozialen Medien die einzige Plattform für den Dialog über Missstände und ermöglichen die Partizipation auch für marginalisierte Gruppen. Sozialen Medien wurden so zu einer transformativen Kraft in der libanesischen Gesellschaft, die auch die traditionellen Medien und die politische Landschaft zunehmend beeinflusst.

Der zweite Vortrag „Potenziale der Digitalisierung für die Zukunftsperspektive eines friedensorientierten Journalismus“, präsentiert von Frau Prof. Dr. Annika Sehl und Frau Prof. Dr. phil. Sonja Kretzschmar, eröffnete einen allgemeinen Blick auf die Perspektiven des digitalen Friedensjournalismus. Frau. Prof. Sehl und Frau Prof. Kretzschmar stellten das dtec.bw Projekt „Media for Peace (M4P) – Friedensfördernder Journalismus“ vor. Das Projekt hat als Ziel, eine friedensorientierte Plattform im digitalen Raum aufzubauen. Dabei werden soziale Medien als Instrument zur Friedensbildung und Deeskalation betrachtet. Frau Prof. Sehl stellte als Beispiel eine Twitter-Analyse vor, die ein Teil des Projektes bildete und zeigte an diesem Beispiel auf wie der digitale Raum für Diskussionen genutzt werden kann, die in der realen Welt in vielen Fällen hätten nicht stattfinden können. Gleichzeitig wurde davor gewarnt, den digitalen Raum als machtfrei anzusehen. Das Panel bot einen tiefen Einblick in die sich wandelnde Medienlandschaft und in die Potenziale, aber auch in die Gefahren des digitalen Friedensjournalismus. Es wurde deutlich, dass der Weg zu einem stabilen Frieden nicht nur von politischen Maßnahmen, sondern auch von einer inklusiven, gesellschaftlichen Diskussion getragen werden muss.


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Abschließende Podiumsdiskussion

Das Jahreskolloquium endete mit einer Podiumsdiskussion mit den Referentinnen und Referenten, die sich den Fragen des Publikums stellten. Die Diskussion war breit gefächert und umfasste eine Vielzahl von Themen, darunter die Manipulation von Wahlen durch Troll-Fabriken, Desinformation und Polarisierung in Konfliktsituationen, Potenziale von Reach-Back-Prozessen in Datenanalysen sowie die Auswirkungen von technologischen Impulsen, insbesondere künstlicher Intelligenz. Besondere Aufmerksamkeit galt der Frage, wie die Gesellschaft mit dem raschen Fortschritt umgehen sollte. Diskutiert wurde, inwieweit wir bereit sind, die Risiken dieser Entwicklungen zu akzeptieren und inwieweit wir uns auf neue Technologien verlassen können. Die Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer reflektierten auch darüber, ob wir bereit sind, Entscheidungen diesen Technologien zu überlassen.

Nach der anregenden Podiumsdiskussion bot das anschließende „Get Together“ eine informelle Plattform für weiterführende Gespräche. Es ermöglichte den Teilnehmenden, ihre Gedanken und Ideen in entspannter Atmosphäre auszutauschen.


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