Am 1. Dezember 2020 fand das Jahreskolloquium des Forschungszentrums RISK der Universität der Bundeswehr München als Webkonferenz zum Thema „Die Stadt und das Klima: Urbane Strukturen im Klimastress“ statt.
Der Sprecher des Forschungszentrums, Prof. Dr. Norbert Gebbeken, moderierte das virtuelle Kolloquium. Die Präsidentin der Universität der Bundeswehr München, Prof. Dr. Merith Niehuss, begrüßte die Teilnehmenden zur Veranstaltung. Sie betonte, dass es den Verantwortlichen des Forschungszentrums gelungen sei, unterschiedliche Wissenschaftssprachen und Disziplinen zusammenzubringen, um gesellschaftlich relevante Themen wie die Auswirkungen des Klimawandels zu diskutieren und zu erforschen.
Den Eröffnungsvortrag hielt Prof. Dr. Jörn Birkmann vom Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung (IREUS) an der Universität Stuttgart. In seinem Vortrag zum Thema „Bauliche und gesellschaftliche Strukturen von Städten. Ansatzpunkte zur Stärkung der Klima-Resilienz“ adressierte er die Stärkung der Klima-Resilienz in Städten. Am Beispiel der Stadt Ludwigsburg verdeutlichte er, dass die Stadtentwicklung im Klimawandel ganzheitlich zu betrachten sei und hierbei sowohl physische als auch urbane, soziale Strukturen mitzudenken seien.
Im anschließenden Vortrag zum Thema „Anpassung wasserwirtschaftlicher Infrastrukturen an den Klimawandel“ erläuterte Prof. Dr. Wolfgang Günthert (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.) die Entwicklung von Starkregenereignissen in Deutschland und die Hintergründe für deren Zunahme (z.B. die Zunahme der Versiegelung im urbanen Raum und die Klimaveränderung mit hohen Temperaturen). Weiterhin zeigte er die Gefahren durch Starkregen auf. Durch den Klimawandel seien Anpassungen bzw. Maßnahmen zur Entlastung der Entwässerungseinrichtungen erforderlich, um lokale Sachschäden und Todesfälle aufgrund von plötzlich auftretendem Starkregen zu verhindern. Diesbezüglich führte er mögliche Maßnahmen (z.B. das Retentionsdach) aus und plädierte darüber hinaus für eine offene Kommunikation der Risiken von Starkregen bzw. Überflutung an die Bürger.
Andrea Heil (Architects for Future) sprach im Anschluss über das Thema „Nützlich statt nur weniger schädlich – klimagerechtes, kreislauffähiges, gesundes Bauen“. So stellte sie den Teilnehmenden des Kolloquiums das „Cradle to cradle“ Prinzip vor, einen Ansatz für eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft und mögliche Anknüpfungspunkte für sowie bereits realisierte Bauvorhaben gemäß „Cradle to cradle“. Sie betonte die Notwendigkeit eines Perspektivwechsels, bei dem von „Vorne“ und nicht von „Hinten“ her gedacht werde.
Prof. Dr. Elke Hertig (Regional Climate Change and Health Faculty of Medicine, Universität Augsburg) sprach in Ihrem Vortrag zum Thema „Zusammenhänge und Änderungen gesundheitsrelevanter Hitze- und Ozonereignisse in Bayerischen Städten“ über die Gesundheitsrisiken im städtischen Bereich, die sich aus einer Kombination von demographischen Veränderungen und lokalen Effekten der Urbanisierung ergeben. Dabei wählte sie die Beispiele „Hitze“ und „bodennahes Ozon“, um zu verdeutlichen, welche Zusammenhänge zwischen dem Klimawandel und der Gesundheit bestehen. So wirke sich Hitze beispielsweise besonders stark auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus und eine mittlere bis hohe Konzentration von bodennahem, troposphärischem Ozon stehe in signifikantem Zusammenhang zum Anstieg von Herzinfarkten. Sie verdeutlichte abschließend, dass das reine Bewusstsein der Gefahren nicht ausreiche, um den Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit zu begegnen, sondern dass jeder Einzelne dazu beitragen könne. Die dafür erforderlichen Handlungsmaßnahmen bedeuteten jedoch auch eine Wohlstandsminderung unserer Gesellschaft, die es zu berücksichtigen gelte.
Prof. Dr. Andrea Benze (Institut für Städtebau und Theorie der Stadt, Hochschule München) referierte nachfolgend zum Thema „Die Veränderung der Stadt im Klimawandel gestalten“. In diesem Zuge ging sie auf Maßnahmen zur Klimaanpassung sowie die Ziele im Klimaschutz und deren komplexe Zusammenhänge ein. Neben dem „Prinzip Schwammstadt“ und existierenden Umsetzungsbeispielen erläuterte sie außerdem neue ressourcensparende Wohnkonzepte, bei denen beispielsweise bestehende Gebäude mit geringem Aufwand zur Anpassung an klimatische Veränderungen umgebaut werden können.
Die abschließende virtuelle Podiumsdiskussion wurde durch die Vizepräsidentin für Forschung und Wissenschaftlichen Nachwuchs der Universität der Bundeswehr München, Prof. Dr. Eva-Maria Kern, moderiert. Nach einer kurzen Einführung in die Diskussion und der Vorstellung des Podiums bat Vizepräsidentin Kern den bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber (Freie Wähler), den Sprecher für Naturschutz und Klimaanpassung der Grünen, Patrick Friedl, den Inhaber des Lehrstuhls für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung an der Technischen Universität München, Prof. Dr. Stephan Pauleit, und die Gruppensprecherin der Architects for Future Ortsgruppe München, Andrea Heil, um kurze Eingangsstatements zur Fragestellung „Wie passt man die Stadt dem Klima an? Urbane Resilienz in Zeiten von Zuzug und demografischem Wandel“? Die lebhafte und länger als geplant dauernde Diskussion zeigte auf, dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit erforderlich ist, um Veränderungsmaßnahmen zur Klimaanpassung und zum Klimaschutz in Städten zielgerichtet und schnell umsetzen zu können.
Text von Jana Celikler