Der Forschungsschwerpunkt „Customer-Centric Modeling“ resultiert aus zwei Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit. Zum einen ist seit mehreren Jahren zu beobachten, dass gängige Standardsoftware zur Lösung gemischt-ganzzahliger Optimierungsmodelle immer leistungsfähiger wird. Entsprechend verlagert sich der Forschungsschwerpunkt auf dem Gebiet des Operations Research zunehmend weg von der Entwicklung problemspezifischer Lösungsverfahren hin zur Entwicklung möglichst effizienter Modellformulierungen im Hinblick auf die anschließende Lösung mit Optimierungssoftware. Zum anderen ergibt sich durch die wachsende Datenverfügbarkeit und Datengenauigkeit zunehmend die Möglichkeit das Verhalten von Kunden detailliert abzubilden. Aufbauend auf diesen beiden Entwicklungen besteht das Ziel des Customer-Centric Modeling darin, komplexes Kundenverhalten explizit und endogen in Optimierungsmodellen zu berücksichtigen und dabei zu effizienten, vorzugsweise gemischt-ganzzahligen linearen Modellformulierungen zu gelangen, die mit Standardsoftware gelöst werden können. Hier zeigt sich zwar in der Praxis ein hoher Bedarf an entsprechenden Lösungen, jedoch wurde das Thema in der Forschung bisher nur eingeschränkt und bezogen auf wenige spezielle Anwendungsfälle, aber nicht systematisch behandelt.
In der Forschung der Professur wird u.a. auf Discrete Choice Modelle zur Beschreibung des komplexen Kundenverhaltens zurückgegriffen. Ihre Parameter lassen sich ökonometrisch auf realen Daten oder auf Basis von Choice-Based Conjoint Experimenten schätzen. In einem Projekt der Professur wird in diesem Zusammenhang ein Mixed-Logit Modell zur Nachfragebeschreibung genutzt, um modellbasierte Ansätze der Advanced Analytics zur optimalen Katalogpreissetzung für Reiseveranstalter zu entwickeln. Diese werden mit der Optimierungssoftware IBM ILOG CPLEX umgesetzt. In einem weiteren Projekt werden im Rahmen der Produktlinienoptimierung erstmals verhaltenswissenschaftliche Kontexteffekte berücksichtigt. Des Weiteren werden Modelle zur optimalen Produktlinienbepreisung unter Berücksichtigung von anbieterseitigen Kapazitäts- und kundenseitigen Budgetrestriktionen betrachtet, wobei das Kundenwahlverhalten durch die „Max Surplus-Regel" beschrieben wird. Auch hier steht die Modellierung in Form eines gemischt-ganzzahligen Optimierungsmodells im Mittelpunkt.