In der biologischen Strahlenforschung werden die zellulären Reaktionen nach Bestrahlung üblicherweise in-vitro, also an Zellen in sogenannter Zellkultur, untersucht. Die wichtigsten Endpunkte dabei sind die Proliferation (Anzahl der Teilungen pro Zelle), Verlauf des Zellzyklus und der Zelltod. Mit diesen Informationen lässt sich dann darauf schließen, was in bestrahltem Gewebe im Körper passiert, was wichtig ist um zum Beispiel die Strahlung ideal in der Strahlentherapie einsetzen zu können oder um den Körper vor Strahlung besser schützen zu können. Die strahlenbiologischen Endpunkte werden üblicherweise mit standardisierten Verfahren ausgewertet wie zum Beispiel dem Koloniebildungstest für die Proliferation oder dem Caspase 3/7-Sytox Assay für den Zelltod. Diese Verfahren sind allerdings stark limitiert in der Aussagekraft. Zum Beispiel können diese Verfahren nur zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgewertet werden und es können nur wenige Endpunkte je nach Verfahren angeschaut werden. Somit bekommt man keine Informationen über die zeitliche Entwicklung des zu untersuchenden Endpunkts und auch keine Informationen wie verschiedene Endpunkte zusammenhängen. Die Standardverfahren sind leider auch sehr zeit-, kosten- und personalintensiv und können deshalb nicht beliebig oft wiederholt werden. Zudem sind für diese Methoden besondere Behandlungen der Zellen unter anderem mit Chemikalien notwendig, die die Reaktionen in der Zelle beeinflussen. Um diese Probleme zu lösen, entwickeln wir hier am Institut eine neue Methode: Wir mikroskopieren die Zellen nach Bestrahlung mit Phasenkontrast und analysieren die entstandenen Videos mit dem Algorithmus CeCILE (Cell Classification and In-vitro Lifecycle Evaluation), der auf einer künstlichen Intelligenz basiert. CeCILE soll dabei jede einzelne Zelle detektieren und über das gesamte Video hinweg tracken. Daraus kann dann die Proliferation, also wie oft sich jede Zelle geteilt hat, der Verlauf jedes Zellzyklus und der Zeitpunkt und der Umstand jedes Zelltodes ausgewertet werden. So kann mit unserer Methode nicht nur die zeitliche Komponente hinzugefügt werden, sondern es können nun auch die Zusammenhänge der einzelnen Endpunkte erforscht werden. Die Mikroskopie mit Phasenkontrast hat zudem den Vorteil, dass keine Farbstoffe oder andere Behandlungen notwendig sind und die Zellen so völlig ungestört für mehrere Tage beobachtet werden können. In der unten aufgeführten Publikation konnten wir bereits zeigen, dass CeCILE vergleichbare Ergebnisse wie die Standardverfahren liefert aber noch über die zeitliche Komponente mehr Informationen bereitstellen kann. Für die Entwicklung von CeCILE wurde ein eigener Datensatz erstellt an dem die künstliche Intelligenz trainiert wurde. Der Datensatz selbst wird laufend verbessert um das Training optimal zu gestalten. Wir arbeiten außerdem zur Zeit an einer Verbesserung des Objektdetektors und an der Implementierung einer Trackingmethode.

 

Studenten mit Interesse an Deep Learning und künstlicher Intelligenz in der Bildbearbeitung können sich gerne bei Prof. Judith Reindl oder bei Sarah Rudigkeit für eine Studien-, Bachelor- oder Masterarbeit melden. Die aktuelle Ausschreibung für eine Masterarbeit finden Sie hier.

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