Prof. Dr. Robert Langer ist seit 15.9.2022 Professor für Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt Islam an der Universität der Bundeswehr München. 2017 bis 2022 war er als wissenschaftlicher Referent für Religionsgeschichte am Orient-Institut Istanbul tätig. Er ist Islamwissenschaftler und Ethnologe, spezialisiert auf die Erforschung der Religionsgeschichte und ‑ethnologie islamisch geprägter Kulturen. Er studierte in Heidelberg, Damaskus, Ankara und Istanbul und wurde 2004 mit einer Arbeit über Schrein- und Wallfahrtswesen zeitgenössischer Zarathustrier in Iran an der Philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. Seine 2015 ebendort eingereichte Habilitationsschrift behandelt alevitische Rituale im transnationalen Kontext. 2016 habilitierte er sich in Heidelberg und wurde zum Privatdozenten mit Venia Legendi für Islamwissenschaft ernannt. 2014 bis 2017 leitete er eine religionswissenschaftliche Nachwuchsforschergruppe an der Universität Bayreuth im Bereich „Islamische Gegenwartskulturen“ zur schiitischen Religiosität in Deutschland (BMBF). 2013 bis 2015 war er Leiter eines im Rahmen der Exzellenzinitiative eingeworbenen Projekts zu alevitischem Kulturerbe an der Universität Heidelberg und arbeitete 2002 bis 2013 im dortigen Sonderforschungsbereich „Ritualdynamik“ zu Ritualen marginalisierter religiöser Gruppen in mehrheitlich muslimischen Gesellschaften wie den anatolischen Aleviten und den Jesiden. 2000 bis 2002 war er Mitglied einer Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe am Institut für Religionswissenschaft der Universität Heidelberg. 2020 bis 2022 vertrat er die Professur für Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt Islam an der Universität der Bundeswehr München, 2013 bis 2014 die Professur für Islamwissenschaft der Universität Heidelberg und 2006 bis 2007 die Assistenzprofessur für Islamwissenschaft (Schwerpunkt Sozialanthropologie) am Institut für Islamwissenschaft und Neuere Orientalische Philologie der Universität Bern. Er führte Feldforschungen in Iran, der Türkei, Armenien und bei verschiedenen Diasporagruppen vorderorientalischer Herkunft in Europa durch.
An der Universität der Bundeswehr ist Robert Langer am Aufbau des Studiengangs Kulturwissenschaften beteiligt. Für die Forschung plant er ein deutsch-afrikanisches Forschernetzwerk „Religion als Ressource in Afrika“, Forschungsprojekte zu arabischen, iranischen und türkischen Interaktionen mit Afrika mit Schwerpunkt auf ‚Religion‘ als Element der Soft Power, zu sufischer und schiitischer Religiosität in Westafrika sowie im Bereich der Digital Humanities ein Projekt zur Erforschung der religiösen Nutzung des geografischen Raumes durch die Analyse von Social Media.
Forschungsschwerpunkte
- Religiöse und konfessionelle Diversität in der ‚Islamischen Welt‘ einschließlich Diaspora
- Religionsgeschichte und Religionsethnologie islamisch geprägter Kulturen Westasiens, des Mittelmeerraums sowie Nord- und Subsahara-Afrikas
- Ritualforschung, Ritualtheorie
- Empirische Religionsforschung in den Bereichen kulturelle Performanz sowie Visualität und Materialität
Laufende Projekte
Koordination: „Handschriften aus alevitischen Familienarchiven“, Forschungsstelle an der Abteilung Islamwissenschaft, Seminar für Sprachen u. Kulturen des Vorderen Orients, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.
Abgeschlossene Projekte
Leitung: „The Materiality of Everyday Religiosity: Historical and contemporary forms of religious expression in Turkey and Iran“, Schwerpunktthema des Forschungsfeldes „Religionsgeschichte Anatoliens“ des Orient-Instituts Istanbul (Oktober 2017–Juni 2022).
Leitung und Bearbeitung: „Schiiten und schiitische religiöse Praxis in der Türkei“, Projekt im Forschungsfeld „Religionsgeschichte Anatoliens“ des Orient-Instituts Istanbul (Oktober 2017–Juni 2022).
Projektleitung: „Alevitisches Kulturerbe verhandeln: Staatenlose Kulturgüter marginalisierter Gruppen zwischen hegemonialer Definition und Selbstnormierung“ (ZUK 49/2 3.1.4), Exzellenzinitiative-Field of Focus III: „Kulturelles Erbe und Geschichte“, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (September 2013–September 2015).
Bearbeitung, Antragserstellung: „Ritualtransfer bei marginalisierten religiösen Gruppen in islamischen Gesellschaften des Vorderen Orients und in der Diaspora“ (Projektleitung: Prof. Dr. Michael Ursinus & Prof. Dr. Raoul Motika), Islamwissenschaftliches TP C7, Sonderforschungsbereich 619 „Ritualdynamik“, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (2002–2005/2005–2009/2009–2013).
Publikationen (peer reviewed, Auswahl)
2020 “The Term Ġulāt and its Derivatives: From Heresiography to Self-Description”. Islamische Selbstbilder: Festschrift für Susanne Enderwitz. Ed. Sarah Kiyanrad, Rebecca Sauer, Jan Scholz. Heidelberg: Heidelberg University Publishing, 39–56 <https://doi.org/10.17885/heiup.531> <https://heiup.uni-heidelberg.de/reader/download/531/531-69-89655-2-10-20200806.pdf>.
2020 “The Aesthetics of Contemporary Alevi Religious Practice: A Bodily-and-Material Cultures’ Approach”. Ed. Martin Greve, Ulaş Özdemir & Raoul Motika: Aesthetic and Performative Dimensions of Alevi Cultural Heritage. (Istanbuler Texte und Studien, 43) Baden Baden: Ergon, 11–32.
2019 “Aleviten”. In: Lexikon für Kirchen- und Religionsrecht (LKRR). Ed. Heribert Hallermann et al. Paderborn: Schöningh, 79a–81b. Online: (BrillOnline Reference Works) Leiden: Koninklijke Brill NV, 2019 <http://dx.doi.org/10.30965/9783506786371_0075>.
2017 (& Benjamin Weineck) “Shiite ‘Communities of Practice’ in Germany: Researching Multi-Local, Heterogeneous Actors in Transnational Space”. In: Journal of Muslims in Europe 6 (= Special Issue “Mapping Shia Muslim Communities in Europe”, ed. Oliver Scharbrodt, Yafa Shanneik), 216–240 <https://doi.org/10.1163/22117954-12341351>.
2012 “Transfer Processes within Sufi Rituals: An Example from Istanbul”. In: European Journal of Turkish Studies [Online journal], 13 (2011 = Thematic issue “Contemporary Sufism and the Quest of Spirituality: Transgressing Borders, Transgressing Categories”, ed. Beatrice Hendrich [Papers held at the World Congress for Middle Eastern Studies, WOCMES 2010, Barcelona, July 23rd, 2010]), <https://doi.org/10.4000/ejts.4584>.
2011 (& Thomas Quartier, Udo Simon, Jan Snoek, and Gerard Wiegers) “Ritual as a Source of Conflict”. In: Ritual, Media, and Conflict. Ed.: Grimes, Ronald L.; Hüsken, Ute; Simon, Udo; Venbrux, Eric. (Oxford Ritual Studies, 3) Oxford: Oxford University Press, 93–132.
2010 “Yezidism between Scholarly Literature and Actual Practice: From ‘Heterodox’ Islam and ‘Syncretism’ to the Formation of a Transnational Yezidi ‘Orthodoxy’ [originally lecture AAR 2009 Montréal]”. In: British Journal of Middle Eastern Studies 37.3 (= “Heterodox Movements in the Contemporary Islamic World: Alevis, Yezidis and Ahmadis”. Guest ed.: Shankland, David), 393–403.
<https://doi.org/10.1080/13530194.2010.524441>.
2008 (& Udo Simon) “The Dynamics of Orthodoxy and Heterodoxy: Dealing with Divergence in Muslim Discourses and in Islamic Studies”. In: Die Welt des Islams: Internationale Zeitschrift für die Geschichte des Islams in der Neuzeit = International Journal for the Study of Modern Islam 48.3–4, 273–288.
<https://doi.org/10.1163/157006008X364758>.
Reprinted in: Maribel Fierro (ed.): Orthodoxy and Heresy in Islam. Part 1: Orthodoxy and Heresy: Dynamics and Debate. (Critical Concepts in Islamic Studies) London, New York: Routledge, Taylor & Francis Group, 2014, 201–212.
2008 Pīrān und Zeyāratgāh: Schreine und Wallfahrtsstätten der Zarathustrier im neuzeitlichen Iran. (Dr. phil. Diss., Philosophische Fakultät, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, 2002/2004). Mit einer beiliegenden Bilder-DVD. (Acta Iranica: Encyclopédie permanente des Études Iraniennes, 48) Leuven, Paris, Walpole, MA: Peeters. XVIII, 708 pp. + 1 DVD with 1367 digital photographs. [Reviews: Iranian Studies 44.1 (2011): 141–145 (Rezania); Orientalistische Literaturzeitung 105.2 (2010): 223–231 (Boedeker); Religion 41.1 (2011), 118–122 (Rose); Religiovedenie 3 (2011) 205–206 (Tessmann)].
2006 (& Dorothea Lüddeckens, Kerstin Radde, and Jan Snoek) “Transfer of Ritual”. In: Journal of Ritual Studies 20, 1–10, <https://www.jstor.org/stable/44368749>.
Mein Forschungs- und Lehrprofil
Als religionswissenschaftlich ausgerichteter Islamwissenschaftler lege ich Wert auf eine quellenbasierte und historisch-kritische Vorgehensweise, wobei durch mein zweites Hauptfach Ethnologie (mit einem Schwerpunkt auf Religionsethnologie) für mich zusätzlich sozialwissenschaftliche Ansätze in Forschung und Lehre eine wichtige Rolle spielen. Konkret bedeutet dies, dass ich mich bei religionsbezogenen Fragestellungen sowohl mit (religions)geschichtlichen Quellen wie auch mit durch eigene ethnologische Feldforschung und ‚teilnehmende Beobachtung‘ erhobenen empirischen Daten beschäftige. Diese Methodenkombination vereint den traditionellen religionsgeschichtlichen mit dem zeitgenössischen sozialwissenschaftlich orientierten Ansatz des Faches Religionswissenschaft. Unterfüttert wird dies durch eine Orientierung an theoretischen Konzepten zur Analyse religiöser Praxis in Geschichte und Gegenwart. Maßgeblich beteiligt war ich an der Entwicklung des Ritualtransferparadigmas, mit dem die Beschreibung der Dynamiken von Ritualtraditionen in diachroner und synchroner Perspektive erleichtert wird. Meine Arbeitsgebiete umfassen Religionsgeschichte, Religionsgeografie, Ritualwissenschaft und ‑theorie, Ethnohistorie sowie dabei relevante Fragen der Genese von Traditionslinien, Migration, Diasporabildung und Transnationalität. Einen Schwerpunkt bei der Erschließung religionswissenschaftlicher Materialien lege ich, neben Religionsgeschichte, Oral History und Ethnografie, auf die Bereiche materielle Kultur, Religionsästhetik, visuelle Anthropologie und ethnografische Feldforschung. Die dabei erhobenen Quellengattungen und die damit bestimmten Untersuchungsfelder sowie zugehörigen Methodologien spielen eine wichtige Rolle in meiner Lehre. Ich versuche, den Studierenden mit dem anschaulichen Einbezug all dieser Felder immer einen möglichst frühen Zugang zu konkreten Forschungsmaterialien und eine unmittelbare Beschäftigung damit zu ermöglichen. Dadurch sehe ich mich in der Lage, religionsbezogene Sachverhalte, theoretische Fragestellungen und methodische Herangehensweisen besonders anschaulich zu vermitteln.