„Big Data“, „Digitale Transformation“, „Industrie 4.0“ sind Begriffe, die in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik häufig verwendet werden, um die fundamentalen Veränderungen zu bezeichnen, welche die integrierte Informationsverarbeitung für unser Leben und unsere Gesellschaft mit sich bringt. Kennzeichnend für diese Entwicklung sind vor allem zwei Aspekte: Einerseits steigt die Menge an Daten, die für eine maschinelle Verarbeitung in digitaler Form zugänglich sind, erheblich an. Darauf aufbauend erlaubt die Entwicklung und Anwendung von Methoden der automatisierten Datenanalytik genauere Vorhersagen und bessere Entscheidungen, aber auch Analysen mit einem hohen Individualisierungsgrad, die zum Beispiel die Entwicklung stark personalisierter Produkte und Dienstleistungen ermöglichen. Andererseits erlaubt die technische Integration von Prozessen komplexere, schnellere und enger verzahnte Abläufe zwischen vielen Beteiligten in Wertschöpfungsketten und eine größere räumliche Verteilung der Akteure. Allgemein wird die Digitalisierung als gesamtgesellschaftliches Phänomen sowohl Unternehmen, deren Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsprozesse als auch die Arbeitswelt als Ganzes umfassend beeinflussen. Dabei handelt es sich um komplexe Wechselwirkungen zwischen technischen, ökonomischen und sozialen Aspekten, die nur bei gleichzeitiger Betrachtung dieser drei Sphären verstanden werden können.
Mit dem Forschungsschwerpunkt „Digitalisierung und Business Analytics“ greift die Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften diese Entwicklungen auf und trägt in analysierender wie auch gestaltender Form zu den beschriebenen Veränderungen bei. Zum einen werden – mit einem Fokus auf die Digitalisierung als solches – Theorien, Konzepte und Methoden entwickelt und angewendet, um einerseits die digitale Transformation von Organisationen besser zu verstehen und unterstützen zu können, andererseits integrierter Geschäftsprozesse auf Basis digitaler Dienste zu gestalten. Zum anderen wird – unter dem Oberbegriff „Business Analytics“ – den durch die Digitalisierung entstehenden, neuen Möglichkeiten Rechnung getragen, indem Konzepte und Methoden zur intelligenten Datenanalytik und Entscheidungsunterstützung über aller betriebswirtschaftlichen Funktionsbereiche hinweg entwickelt und angewendet werden.
Highlights
Hier erhalten Sie einen Überblick zu wichtigen Projekten des Themenkomplex Digitalisierung und Business Analytics.
Good Relations
Unter den Begriffen „Semantic Web“ und „Linked Open Data“ wurde an der Professur für Webscience und Digitalisierung das globale Datenmodell GoodRelations entwickelt, das den Austausch von Informationen über Produkte und Angebote über alle Industrien und Stufen der Wertschöpfung über das World Wide Web ermöglicht. Seit 2012 ist es das von allen großen Suchmaschinen wie Google, Yahoo, Yandex und Bing/Microsoft offiziell empfohlene Modell für die Einbettung solcher Daten in Webinhalte und wird von Millionen von Webseiten weltweit genutzt.
DigiTraIn 4.0 – Die digitale Transformation erfolgreich gestalten
Das Verbundprojekt DigiTraIn 4.0 (Indiziert. Transformiert. Digitalisiert. Instrumente für den erfolgreichen Wandel ins Arbeiten 4.0) entwickelt, erprobt und evaluiert auf Basis eines systematischen und wissenschaftlich fundierten Vorgehens Konzepte und zukunftsfähige Instrumente, die es Unternehmen ermöglichen sollen, die Transformation in die digitale Arbeitswelt erfolgreich zu gestalten. Das Projekt wird von der Professur für Personalmanagement und Organisation durchgeführt.
Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen dabei vor großen Herausforderungen. Vielfach könne sie sich bietende Chancen nicht umfassen realisieren, da es an anwendungsorientierten Methoden zur Digitalisierung der Arbeitswelt fehlt. Hier setzt das Projekt an und orientiert sich dabei an den folgenden zentralen Fragen, die sich jedes Unternehmen für einen erfolgreichen digitalen Wandel stellen muss:
- Was bedeutet Digitalisierung für das Arbeiten in Unternehmen
- Wie digital ist die Arbeit in unserem Unternehmen?
- Wie digital soll unsere Arbeitswelt im Unternehmen werden?
- Wie erreichen wir systematisch die Digitalisierung der Arbeitswelt?
Weitere Informationen finden Sie auf der Projekthomepage.
Fakten zu DigiTraIn 4.0:
Projektvolumen: 1,45 Mio. EUR
Laufzeit: Juli 2017 bis Juni 2020
Interreg Central Europe Projekt „InnoPeer AVM“
Die Einführung innovativer, fortschrittlicher Herstellungsverfahren im Rahmen von Industrie 4.0. ist eine große Herausforderung für Unternehmen in Mitteleuropa. Veränderungen durch Industrie 4.0. sind jedoch nicht nur ein technologisches Problem. Innovationsmanager und Inhaber kleiner Unternehmen stehen vor großen organisatorischen und strategischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Industrie 4.0. Es ist daher dringend erforderlich, einen gemeinsamen Qualifikationsrahmen für technologische, strategische, organisatiorische und personalpolitische Fragestellungen der Industrie 4.0 zu entwickeln. Das Projekt InnoPeer AVM wird ein erstes umfassendes, länderübergreifendes Industrie 4.0. Qualifizierungsprogramm entwickeln und testen, das auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten ist.
Das mehrstufige Programm wird eine Mischung aus bewährten und neuartigen Trainingsformaten und -methoden für Basis-, - und Praxistrainings nutzen. Dazu gehören Living-Labs-Webinare, praktische Testläufe in einer Modellfabrik und AVM-Strategie-Camps. Teilnehmer, die an den Lehrfällen des Projekts teilnehmen, erhalten eine Innopeer AVM Teilnahmebescheinigung. An den Pilottrainings werden Unternehmen und Innovationsmanager aus allen beteiligten Regionen teilnehmen. Das Pilotprogramm wird danach allen interessierten Unternehmen frei zugänglich sein. Das Projekt wird auch regionale Aktionspläne und einen Fahrplan für den Aufbau von Industrie 4.0. Fähigkeiten in Mitteleuropa ausarbeiten und das "InnoPeer AVM Board" einrichten, das die Projektergebnisse weiter fördern wird.
Ein internationales Projektteam aus Deutschland, Ungarn, Polen und Italien trägt zu den technischen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen des Konsortiums unter der Führung von Business Upper Austria bei. Die Professur für Personalmanagement und Organisation
(Professor Dr. Stephan Kaiser) beschäftigt sich im Projekt mit Fragen der Unternehmensführung (Geschäftsmodellentwicklung & Strategie), der Organisation und des Personalmanagements in der Industrie 4.0.
Weitere Informationen finden Sie auf der Projekthomepage oder der Homepage der Professur für Personalmanagement und Organisation.
Mitbestimmung 4.0 – Mit Widersprüchlichkeiten aktiv umgehen
Zum 01.01.2018 startete an der Professur für Personalmanagement und Organisation (Professor Dr. Stephan Kaiser) das Forschungsprojekt (Nr. 2017-441-2) „Mitbestimmung 4.0 – Mit Widersprüchlichkeiten aktiv umgehen“, welches von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wird. Das Projekt ist Teil des Forschungsverbunds „Digitalisierung, Mitbestimmung, gute Arbeit“ der Hans-Böckler-Stiftung.
Das Vorhaben untersucht die Widersprüchlichkeiten, die sich durch und hinsichtlich der Digitalisierung der Arbeitswelt im öffentlichen Diskurs und auf der betrieblichen Ebene ergeben, um daraus Implikationen für einen aktiven Umgang mit den widersprüchlichen Anforderungen der Digitalisierung abzuleiten. Nähere Informationen finden Sie auf der Projekthomepage.
Pricing Analytics for Customer-Centric Logistics
Im Bereich Pricing Logistics werden an der Professur für Business Analytics & Management Science fortgeschrittene Business Analytics-Ansätze zur kundenzentrierten, integrierten Preis- und Logistikoptimierung in digitalen Geschäftsmodellen, etwa im e-Fulfillment im Online-Lebensmitteleinzelhandel und im CarSharing, entworfen. Dabei werden Methoden zur Datenanalyse und zugehörige Modelle aus Marketing und Ökonometrie mit modernen Optimierungsmodellen und-algorithmen des Operations Research kombiniert. Die bisherige Forschung auf dem Gebiet ist in mehreren Publikationen in hochwertigen wissenschaftliche Publikationsorganen (Zeitschriften der Kategorie A des VHB) veröffentlicht worden. Weitere Informationen finden Sie auf den Internetseiten der Professur für Business Analytics and Management Science von Prof. Dr. Claudius Steinhardt.
Health Analytics
Im Anwendungsfeld Health Analytics werden u.a. derzeit in Kooperation mit Medizinern des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf, des Klinikums Rechts der Isar München (TU München) und des Klinikum Schwabing (LMU München) prädiktive und präskriptive Methoden für Depression und Schizophrenie erforscht.
Das Projekt wird von der Professur für Data Analytics & Statistics durchgeführt.
MakerLab
Im MakerLab der Fakultät entsteht zudem ein Labor, in dem Studenten neuartige Prototypen für das Internet of Things und andere neuartige internetbasierte Prototypen entwickeln, umsetzen und evaluieren können.
Das Projekt wird von der Professur für Webscience und Digitalisierung durchgeführt.
Weitere Informationen
Digitalisierung
Digitalisierung umfasst allgemein die Verbreitung von digitalen Technologien zur Gewinnung, Erfassung, Speicherung und Verarbeitung von Daten sowie den Aufbau und Betrieb integrierter Geschäftsprozesse. Die Digitalisierung ist als reales gesellschaftliches Phänomen kein rein technologisches Thema, sondern wirft auch viele Fragen auf, die sowohl die Rolle von Menschen als auch von Organisationen innerhalb neuer digitalisierter Arbeitswelten sowie einer digital transformierten Wirtschaft ins Zentrum rücken. Ein Blick auf die digitalisierte Arbeitswelt zeigt etwa, dass Technologien und intelligente Algorithmen das Entscheidungsverhalten von Menschen maßgeblich beeinflussen, die Zusammenarbeit von Mitarbeitern sich durch digitale Lösungen verändert und Arbeit automatisiert, verdichtet und stärker modularisiert wird. Dadurch werden neue Formen der Unternehmensorganisation, -führung und -steuerung möglich und notwendig. Gesamtwirtschaftlich lassen sich neue Formen des Erwerbslebens und neue Geschäftsmodelle (etwa Plattformökonomie) beobachten. Darüber hinaus sind Themen des Data & Knowledge Engineering, also Fragen hinsichtlich der Modellierung und Repräsentation, Ablage, Transformation und Nutzung von Daten in großen verteilten Systemen relevant, wie auch das Daten- und Informationsqualitätsmanagement, also Methoden und Werkzeuge, welche die Zuverlässigkeit der repräsentierten Informationen beherrschbar machen sollen. Ergänzt wird dies durch das Feld „e-Business & Web Science“, in dem die Wechselwirkungen zwischen der Architektur des Internets und des World Wide Web und ökonomischen und sozialen Aspekten systematisch untersucht werden.
Business Analytics
Aufgrund der stark gewachsenen Speicher- und Verarbeitungskapazitäten können heute erheblich größere Mengen an Informationen im persönlichen wie auch beruflichen Umfeld in Form von digitalen Daten erfasst und verfügbar gemacht werden. Beispiele hierfür sind Profile oder Beiträge in sozialen Netzwerken, Kaufhistorien einzelner Kunden in Online-Shops sowie Bewegungsprofile oder Gesundheitsaufzeichnungen. Häufig werden derartige Daten etwa bei der Nutzung internetbasierter Dienste wie dem World Wide Web automatisch und in hoher Granularität erzeugt.
Diese veränderte Datenlage hat erhebliche Auswirkungen auf alle betriebswirtschaftlichen Funktionsbereiche von Unternehmen, seien es beispielsweise Marketing, Personal, Finanzen oder Beschaffung, Produktion und Logistik, wie auch auf entsprechende Bereiche öffentlicher Organisationen. Um allerdings die ständig wachsenden, enormen Datenmengen sinnvoll nutzbar zu machen, sind entsprechende Fähigkeiten und Werkzeuge zur Zusammenführung, Auswertung und Analyse unabdingbar. Daher wird heute auch von Betriebswirten eine fortgeschrittene Qualifikation im Hinblick auf den Umgang und die Verarbeitung derartiger Daten im Rahmen spezifischer Softwarepakete zur Informationsanalyse und Entscheidungsunterstützung und die zugrundeliegenden Konzepte und Methoden erwartet.
Diese Herausforderungen der intelligenten Datenanalytik sind Gegenstand der „Business Analytics“, die Kompetenzen aus den Bereichen Business Intelligence, betriebswirtschaftliche Modellbildung, Datenanalyse & Data Mining, Wirtschaftsinformatik & Data Science, Statistik & Ökonometrie sowie Optimierung & Simulation verzahnen und durch entsprechende IT-Systeme und IT-Werkzeuge zur Anwendung bringen. Im Hinblick auf die Art der Datennutzung wird dabei unterschieden zwischen Descriptive Analytics (im Sinne des automatisierten Auffindens von Zusammenhängen in großen Datenmengen, oder: „Was ist passiert?“), Predictive Analytics (im Sinne der automatisierten Ableitung von Prognosen, oder: „Was wird passieren?“) und Prescriptive Analytics (im Sinne der automatisierten Ableitung von Handlungsempfehlungen, oder „Was soll passieren – und was muss getan werden, damit es passiert?“). Erst eine methodische Entwicklung von ganzheitlichen Ansätzen, die Techniken aus allen drei Bereichen integrieren, ermöglicht die zielführende Unterstützung von betriebswirtschaftlichen Planungs- und Entscheidungsprozessen sowie die intelligente Digitalisierung bestehender Geschäftsprozesse.
Ansprechpartner Forschungsschwerpunkt Digitalisierung & Business Analytics
Aktuell sind Univ.-Prof. Dr. Stephan Kaiser (Professur für Personalmanagement und Organisation), Univ.-Prof. Dr. Martin Hepp (Professur für Web Science und Digitalisierung) und Univ.-Prof. Dr. Claudius Steinhardt (Professur für Business Analytics und Management Science) Sprecher des Forschungsschwerpunkts Digitalisierung und Business Analytics.