Biopsychosoziales Assessment in Labor und Alltag
Gesundheit und Krankheit manifestieren sich auf der biologischen, der psychologischen und der sozialen Ebene. So lässt sich Stress durch biologische Hinweise (z. B. Herzratenvariabilität, Cortisol), psychologische Indizien (z. B. sorgenvolle Gedanken, Gereiztheit) und soziale Indikatoren (z. B. mit anderen streiten) erfassen. Die Messung und Einschätzung (Assessment) von gesundheitsbezogenen Merkmalen erfordern deshalb die Berücksichtigung aller drei Ebenen. Technologische Entwicklungen im Bereich der Sensorik sowie die hohe Verbreitung von Smartphones und neuerdings auch Smart Watches ermöglichen die Messung von gesundheitsbezogenen Merkmalen auf allen drei Ebenen nicht nur im Labor, sondern auch im Alltag. Personen können beispielsweise zu verschiedenen Tageszeiten über eine App „angepiept“ und gebeten werden, ihre momentanen Gedanken und Gefühle einzuschätzen und auch die Situation zu beschreiben, in der sie sich gerade befinden – sogenanntes Experience Sampling. Diese subjektiven, psychologischen Daten können dann zu den über Smartwatch und Smartphone erfassten biologischen und Verhaltensdaten (sogenanntes Mobile Sensing) in Beziehung gesetzt werden. Insgesamt ermöglichen die neuen digitalisierten Technologien eine kontextualisierte, differenziertere und umfassendere Messung und Diagnostik von Erleben, Verhalten und biologischen Parametern im Labor und im Alltag, die für personalisierte und maßgeschneiderte Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsförderung, Therapie und Persönlichkeitsentwicklung genutzt werden kann. Dabei sind immer auch ethische und datenschutzbezogene Herausforderungen sowie Fragen nach der Messgenauigkeit (Reliabilität) und Gültigkeit (Validität) der digital generierten Daten zu berücksichtigen.