Explosionsschutz durch Bepflanzung – experimentelle und numerische Untersuchungen
Im Bereich des baulichen Schutzes steht dem breiten terroristischen Bedrohungsspektrum eine nicht mindervielfältige Palette an Strukturen und Konzepten zum Schutz von Personen und Infrastrukturen entgegen. Der Schwerpunkt liegt dabei traditionell auf speziellen baulichen Lösungen, die gezielt für diese Arten von Belastungen ausgelegt werden. Insbesondere bei Explosionsbelastungen besteht jedoch die Frage, inwieweit auch Strukturen, die nicht ursprünglich für diesen Zweck konstruiert wurden, einen substanziellen Beitrag zum Gesamtschutzkonzept leisten können. Dabei konzentriert sich die Forschungsgruppe um Professor Norbert Gebbeken besonders auf Elemente zur Gestaltung innerstädtischer Räume. In diesem Zusammenhang ist auch von Interesse, inwieweit Pflanzen gezielt als explosionshemmende Elemente eingesetzt werden können.
Erste experimentelle Untersuchungen zur explosionshemmenden Wirkung von Thujen und Kirschlorbeer lieferten vielversprechende Ergebnisse und wertvolle Hinweise hinsichtlich der Eignung von Pflanzen für diesen Zweck. Die Erwartungen wurden insbesondere bei der Reduzierung der Druckwirkung teilweise deutlich übertroffen. Experimentelle Untersuchungen sind jedoch enorm aufwendig und teuer. Daher werden numerische Simulationen genutzt, um den Versuchsaufwand zu begrenzen. Numerische Simulationen von Explosionsausbreitungen sind grundsätzlich sehr berechnungsintensiv und werden mit zunehmender Komplexität der zu untersuchenden Strukturen aufwendiger. Da jede Pflanze ein Unikat von überaus komplexer Struktur darstellt, wird daher ein möglichst abstraktes und weitgehend vereinfachtes numerisches Modell gesucht, welches einerseits die explosionshemmende Wirkung der Pflanzen hinreichend genau erfasst und andererseits den Modellierungs- und Berechnungsaufwand in einem vertretbaren Rahmen hält. Hierzu muss phänomenologisch untersucht werden, welche Strömungseffekte innerhalb der Pflanzen bei einer Explosionsbelastung auftreten und welchen Einfluss diese auf die Ausbreitung der explosionsinduzierten Luftstoßwelle haben.
Zu diesem Zweck werden einzelne Bestandteile unterschiedlicher realer Pflanzen per Laser dreidimensional gescannt, um anschließend numerische Modelle mit hohem Detaillierungsgrad zu erzeugen (siehe Abbildung). Diese werden in Simulationen unterschiedlichen Explosionsbelastungen ausgesetzt, um die Strömungsverhältnisse an den flexiblen Ästen und Blättern zu analysieren. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse werden genutzt, um zu untersuchen, wie weit der Detaillierungsgrad bei der numerischen Modellierung von Pflanzen unter Explosionsbelastungen reduziert werden kann. Somit soll schlussendlich ein effizienter Ansatz für die Berücksichtigung der explosionshemmenden Wirkung von Pflanzen in numerischen Simulationen von Explosionsausbreitungen entwickelt werden.
Abbildung 1: Schrittweise Generierung eines Finite-Elemente-Modells eines Buchsbaumzweiges aus einem 3D-Laserscan.