Motivation
Duroplaste und Thermoplaste gelten als zwei separate Kunststoffkategorien, mit jeweils eigenen Vor- und Nachteilen sowie entsprechenden Einsatzbereichen. Duroplaste werden im strukturellen Bereich hauptsächlich als Infiltrationsharte für Faserverbundwerkstoffe eingesetzt. Thermoplaste werden ebenso in Faserverbundwerkstoffen genutzt aber auch gefüllt oder ungefüllt direkt als Strukturbauteile genutzt.
In der Luft- und Raumfahrt wird aus Gründen des Leichtbaus und den Temperaturanforderungen hauptsächlich auf Duroplast Verbunde als Strukturwerkstoff gesetzt. Diese Materialien sind allerdings nicht schweißbar, haben eine geringere Impactbeständigkeit und sind häufig weniger stabil gegenüber Chemikalien. Auf diesen Gebieten würde Thermoplast sehr gut funktionieren.
Die Vorteile beider Materialklassen zusammenzubringen ist die Grundlage der Forschung an sogenannten Interphasen. Die Forschung beschäftigt sich dabei mit der Ausbildung, den mikroskopischen und makroskopischen Eigenschaften, der mechanischen Kennwerte und den Anwendungsgebieten dieser Hybridmaterialien.
Hierbei werden im Institut für Leichtbau verschiedene Materialpaarungen mit Hinblick auf verschiedene Nutzungsbereiche untersucht. Hierbei wollen wir jedoch einen größeren Bereich möglicher Nutzungsparameter zulassen, um auch Lösungen für Anwendungen zu finden, die nicht im Bereich von Primärstrukturen liegen. Speziell geht es hier um die Bereiche der amorphen „Engineering Plastics“ wie z.B. PSU oder PC, welche bisher wenig in Ihrer Wirkung in Interphasen erforscht sind. Diese Werkstoffe bieten aufgrund der geringeren Schmelztemperatur ein breiteres Anwendungsspektrum im Bereich der Schweißbarkeit, ohne dabei die zugrundeliegende Duroplast -Matrix zu schädigen.
Vorgehensweise
Erarbeitung der Verfahrensgrenzen für die Interphasenausbildung
- DSC Untersuchungen verschiedener Thermoplaste
- Mikroskopische Reaktionsuntersuchungen
- Aufstellen von Verfahrensvorgaben für Autoklavprozesse
Optische Auswertung von Interphasenausbildung
- Schliffbilderstellung und REM Untersuchungen
- Vermessung entstandener Interphasen
- Analyse des Diffusionscharakters
Mechanische Kennwertermittlung im Vergleich zu Klebungen
- Single Lap Shear Versuche zur Bestimmung der Verbundeigenschaften
- Korrelation von Materialpaarungen und Interphasengestalt mit mechanischen Kennwerten
- Vergleich von Interphasenverbindungen mit Klebeverbindungen
Untersuchungen für Impactbeständigkeiten
- Impactuntersuchungen mit verschiedenen TP Folien
- Variation der Lagendicken
- Erarbeitung von technischen Szenarien
Untersuchungen zur Schweißbarkeit
- Erarbeitung von Schweißparametern
- Untersuchung verschiedener Schweißansätze
- Charakterisierung der Verbindungseigenschaften
- Implementierung in additiven Fertigungsprozessen
Untersuchungen für Reparaturanwendungen
- Erarbeitung grundlegender Verfahrensmechanismen
- Optische und mechanische Untersuchung von Reparaturstellen
Ausblick
Interphasen bieten eine sehr gute Möglichkeit die verschiedenen sinnvollen Eigenschaften von Kunststoffen zu verbinden. In dem Themengebiet wurden bisher hauptsächlich Materialien für strukturelle Primärstrukturen untersucht und damit Potenzial auf der Strecke gelassen. Für Sekundärstrukturen in der Luftfahrt aber auch Anwendungen in anderen technischen Bereichen können Interphasen eine Möglichkeit für besseres Recycling, einfachere Prozessführung, den Verzicht auf Hilfsstoffe für Verbindungen und allgemeine Funktionalisierung darstellen.
Dabei gilt es alle zur Verfügung stehenden Materialpaarungen aufzuzeigen und grundlegende Mechanismen abzuleiten, wie Duroplaste und Thermoplaste miteinander reagieren. In dem hier beschriebenen Projekt, sowie auch in vielen anderen Projekten konnten bisher immer nur wenige Paarungen aufgezeigt werden. Dennoch gibt es eine Vielzahl von Indikatoren, die zeigen welche Einflüsse verschiedene Parameter auf die Ausbildung von Interphasen haben. Darauf aufbauend sollten weitere mögliche Paarungen erarbeitet und technisch nutzbar gemacht werden.