Motivation mit Zielsetzung

Ein Schwerpunkt in der Entwicklung von Luftfahrtantrieben liegt schon immer in der Effizienzsteigerung. Einerseits kann durch einen höheren Wirkungsgrad der Kraftstoff- bzw. Energieverbrauch und damit der CO2-Ausstoß verringert werden. Zu diesem Zweck gibt es im Zuge der Energiewende und des Ziels eines klimaneutralen Luftverkehrs Bestrebungen, hybride oder vollelektrische Antriebe für den Einsatz in kleineren Luftfahrzeugen zu etablieren. Andererseits führt eine Reduktion des Energiebedarfs zu einer Reichweitensteigerung, die insbesondere für militärische Anwendungen von großem Interesse ist. In diesem Sektor spielen unbemannte Systeme mit elektrischen oder hybrid-elektrischen Antrieben eine immer wichtigere Rolle, womit auch die Entwicklung von Kleintriebwerken verstärkt in den Fokus gerät.

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Abbildung 1: Schematisches Konzept des Höhenprüfstandes am ISA

Sowohl im Bereich der elektrischen Antriebe als auch für Kleintriebwerke gibt es zivile und militärische Einsatzszenarien, für die das Erreichen einer hohen Fluggeschwindigkeit und -höhe von großer Relevanz ist. Um die Leistungsfähigkeit neuartiger Antriebssysteme für diese Anwendungen unter Flug- und Missionsbedingungen zu untersuchen, wird am Institut für Strahlantriebe (ISA) der UniBw M ein Höhenprüfstand für Kleintriebwerke und elektrische Propulsoren aufgebaut.

Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Während klassische Bodenprüfstände die Untersuchung eines Flugtriebwerks nur für den Bodenstandfall zulassen, kann in einem Höhenprüfstand der gesamte Betriebsbereich betrachtet werden. Um einen Flugzustand mit definierter Fluggeschwindigkeit und -höhe einstellen zu können, müssen bei gegebenem Massenstrom der Totaldruck und die Totaltemperatur am Triebwerkseintritt sowie der statische Druck am Triebwerksaustritt angepasst werden.
Höhenprüfstände, in welchen große Turbofan-Triebwerke und ihre Komponenten untersucht werden können, sind bspw. im Arnold Engineering Development Complex (Tennessee, USA), im NASA Glenn Research Center (Ohio, USA) oder am Institut für Luftfahrtantriebe (ILA) der Universität Stuttgart in Betrieb. Darüber hinaus gibt es neuere Anlagen für kleinere Triebwerke am National Research Council’s campus in Ottawa (Kanada) und am Korea Aerospace Research Institute in Taejon (Südkorea).
Der am Institut für Strahlantriebe konzipierte Höhenprüfstand wird Untersuchungen von rein elektrischen und hybrid-elektrischen und gasturbinenbasierten Triebwerken mit einem max. Massenstrom von 3 kg/s ermöglichen. Dabei werden Flughöhen zwischen 0 und 10 km sowie Fluggeschwindigkeiten von bis zu Ma = 0,9 eingestellt werden können. Hierbei soll der Prüfstand einerseits transiente Laständerungen des Prüflings erlauben und andererseits auch die Einflüsse instationärer Flugmanöver auf den Antrieb abbilden können. Aus diesen Anforderungen resultiert eine äußerst anspruchsvolle Anlagenregelung, da in einem Höhenprüfstand die Anlagenkomponenten und der Prüfling stark miteinander gekoppelt sind. Während transiente Triebwerksmanöver in vielen Höhenprüfständen durchgeführt werden können, stellt das Durchfahren von instationären Flugmanövern eine Seltenheit dar und ist, vor allem im betrachteten Leistungssegment, ein Alleinstellungsmerkmal. Zur Unterstützung der Entwicklung der Anlagenregelung wird eine echtzeitfähige Prüfstandssimulation (Digital Twin) erstellt, die zudem im Vorfeld von Versuchen eine Bewertung der Leistungsfähigkeit des Prüfstands im Betrieb mit spezifischen Versuchsträgern erlaubt.

Schnittbild der Pruefkammer mit eingebautem Versuchstraeger.png

Abbildung 2: Schnittbild der Prüfkammer mit eingebautem Versuchsträger

Neben der Möglichkeit die Propulsoren im Höhenprüfstand unter Missionsaspekten testen zu können, ergibt sich auch ein weitreichendes Untersuchungspotential für weitere Sub-Komponenten in ELAPSED . Die Prüfkammer ist bspw. dazu geeignet, Komponenten der Leistungselektronik und Regler sowie Batterie- oder Brennstoffzellensysteme aufzunehmen und die Umweltbedingungen bei Höhenflug zu simulieren. Hieraus ergeben sich umfangreiche Validierungsmöglichkeiten für die Modelle dieser Subsysteme sowie deren Integration in die „Vernetzten Laborsysteme“. Umgekehrt soll mit den im Zuge von ELAPSED verfügbaren Kompetenzen der elektromagnetische Einfluss der Leistungselektronik des Propulsors auf die in der Prüfkammer verbaute Messtechnik evaluiert und damit die Eignung des Prüfstands für anspruchsvolle Untersuchungen an elektrischen Versuchsträgern nachgewiesen werden.

 Ergebnisse

Die Konzeptionierung des Höhenprüfstandes sieht einen Aufbau in drei Ausbaustufen vor. Die erste Ausbaustufe erlaubt zunächst eine statische Untersuchung von elektrischen Versuchsträgern und ist für die aktuelle Förderperiode geplant. Es wurde eine Prüfkammer konzipiert, in welcher der Versuchsträger betrieben wird und an deren Ein- und Austritt die Einstellung der Flugbedingungen erfolgt. Der notwendige Staudruck zur Abbildung des Bodenschnellflugs wird am Prüfstand über einen 2-stufigen Radialverdichter bereitgestellt. Wahlweise kann der Verdichter auch zum Absaugen der Luft aus der Prüfkammer eingesetzt werden, um Bedingungen von Flughöhen von bis zu 10 km nachzubilden. Die Totaltemperatur am Triebwerkseintritt wird in dieser Ausbaustufe mittels eines Vorkühlers konstant auf 20°C gehalten und der Temperatureinfluss in der Höhensimulation damit noch nicht berücksichtigt. Eine Variation der Reynoldszahl am Eintritt des Propulsors ist in dieser Ausbaustufe mittels einer Bypassregelung möglich.
In der zweiten Ausbaustufe erfolgt die Erweiterung des Prüfstands mit einem Lufttrockner und weiteren Wärmetauschern, womit die Totaltemperatur am Triebwerkseintritt auf bis zu -20°C abgesenkt werden kann. Außerdem wird ein Ejektorpumpensystem zur Luftabsaugung an der Prüfkammer installiert, um die Untersuchung von Triebwerken auf der Basis klassischer Verbrennungsprozesse zu ermöglichen. In der dritten Ausbaustufe erfolgt schließlich die Installation eines LN2-Wärmetauschers, mit dem die am Triebwerkseintritt geforderte Minimaltemperatur von -50°C eingestellt werden kann. Für alle Anlagenkomponenten der zweiten und dritten Ausbaustufe wurden bereits die Auslegung abgeschlossen und die für die Umsetzung notwendigen Partner und Lieferanten gefunden.

 Verwertungsperspektive

Es liegen Bewertungen der wehrtechnischen Dienststelle WTD 61 und von Industriepartnern zum ausgearbeiteten Höhenprüfstandskonzept vor, die das umfangreiche Beitragspotential der Anlage zu Technologie- und Produktentwicklungen aufzeigen. Zudem liegen bereits Anfragen zu Validierungstests für Turbogeneratorsysteme mit besonderem Augenmerk auf Brennkammerverhalten und Thermalmanagement vor.

 Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. Dragan Kozulovic

Dr.-Ing. Marcel Stößel (wiss. Mitarbeiter)

Hannes Probst, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

René Pahlke (techn. Mitarbeiter)

Institut für Strahlantriebe

Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik
Universität der Bundeswehr München