Motivation mit Zielsetzung

Elektrische Flugzeuge werden an ökonomischen und operativen Kriterien gemessen. Sowohl für zivile als auch militärische Einsatzszenarien spielt daher das Erreichen hoher Fluggeschwindigkeiten eine große Rolle. In Konzepten mit vollelektrischen Antrieben wurde bislang zumeist der Verbrennungsmotor eines konventionellen Propellerantriebstrangs durch einen Elektromotor ersetzt. Jedoch sind Propeller auf mittlere subsonische Fluggeschwindigkeiten begrenzt. Für die Schuberzeugung bei höheren Geschwindigkeiten sind eine bessere Ausnutzung des Strömungsaufstaus und damit eine Ummantelung des Propulsors erforderlich. Elektromotoren ermöglichen die Nutzung disruptiver Technologien, deren Einsatz mit Gasturbinen bislang zu komplex erschien. Große Potenziale bietet in diesem Kontext die gegenläufige Fanstufe. Neben einer erheblichen Erweiterung des Betriebsbereichs wird eine deutliche Effizienzsteigerung mit einem solchen Propulsor erwartet. Ein Ziel in Projekt ELAPSED ist daher die Auslegung, Entwicklung und Validierung gegenläufiger, elektrisch angetriebener und ummantelter Fantriebwerke. Dies schließt die Forschung an der Integration innovativer Technologien wie die Herstellung von CFK-Schaufeln und der Entwicklung einer adaptiven Spaltkontrolle zwischen rotierenden und feststehenden Bauteilen ein.

 Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Für die genannte Erweiterung des Betriebsbereichs ist ein ausrechend großes Totaldruckverhältnis über die Fanstufe des Propulsors erforderlich. Dieses ermöglicht ein kompaktes Triebwerkdesign und das Erzeugen des benötigten Schubes auch bei hohen Fluggeschwindigkeiten. Im Gegensatz zum einstufigen Propeller oder zur konventionellen Rotor-Stator-Konfiguration heutiger Fantriebwerke können durch gegenläufige Rotoren die Verluste durch eine Reduzierung des Restdralls in der Triebwerks-Abströmung minimiert und die übertragende Leistung über einen größeren Betriebsbereich optimiert werden. Das Drehzahlverhältnis der beiden von je einen Elektromotor angetriebenen Rotoren kann frei eingestellt werden. Möglich wird dadurch eine Reduktion der Schaufelbelastung bei konstantem Stufendruckverhältnis und dadurch eine Steigerung der Schubeffizienz oder eine Steigerung des erreichbaren Stufendruckverhältnisses für einen hohen pezifischen Schub. Der Betrieb wird sicherer, da sich der Abstand zur aerodynamischen Betriebsgrenze, der sogenannten Pumpgrenze, vergrößert.

Die geforderten hohen Leistungsdichten des Propulsors werden erst durch den Einsatz von Leichtbauweisen, wie einer CFK-Fanbeschaufelung, möglich. Diese stellt für Großtriebwerke bereits eine state-of-the-art Technologie dar, findet jedoch im universitären und forschungsintensiven Kontext aufgrund des erhöhten Fertigungsaufwandes bislang kaum Anwendung. Zur Steigerung der Übertragbarkeit von Forschungsergebnissen auf spätere Aplikationen wurde daher bereits durch Verknüpfung verschiedener innovativer Ansätze ein weniger aufwändiges Fertigungsverfahren für CFK-Fanblades entwickelt.

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Abbildung 1: Rotor mit CFK-Blades, CAD-Rendering (links) und am Institut für Aeronautical Engineering hergestellter CFK-Rotor (rechts)

Das Verfahren wurde bereits für die Herstellung eines ersten Rotors angewendent (s. Abbildung 1) und die Ergebnisse validiert, u.a. mittels Zugversuch. Ermöglicht wurde dies durch eine direkte Integration der für die Fertigung notwendigen CFK-Berechnungen in ein ebenfalls bereits im Projekt entwickeltes innovatives Auslegungstool für gegenläufige ummantelte Fantriebwerke. Dieses basiert nicht wie herkömmliche Tools auf der Implementierung empirischer Formulierungen zur Triebwerksberechnung, sondern integriert iterative CFD-Berechnungen. Dieser Ansatz konnte anhand verringerter Abweichungen zwischen den Auslegungszielen und tatsächlichen experimentellen Ergebnissen validiert werden (s. Abbildung 2).

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Abbildung 2: Vergleich der numerisch berechneten und experimentell Betriebspunkte für unterschiedliche Drehzahlen (schwarz gestrichelte Linien) und unterschiedliche Düsenstellungen Anoz.

Zur experimentellen Untersuchung wurde am Institut für Aeronautical Engineering ein Prüfstand für stationäre und Windkanaltests aufgebaut und mit unterschiedlichen Messtechniken ausgestattet. Speziell entwickelte und additiv gefertigte Sondensysteme sowie ein Particle-Image-Velocimetry (PIV) System kommen zur Untersuchung der Strömungsfelder zum Einsatz (s. Abbildung 3).

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Abbildung 3: Prüfstandssetup für PIV-Untersuchungen im Windkanal

Ein erstes  Referenztriebwerk zur Tool-Validierung sowie Demonstrationen der Funktionalität einzelner Komponenten wie dem CFK-Rotor wurde bereits ausgelegt und hergestellt. Dieses wird zur Forschung an weiteren innovativen Konzepten, wie z.B. zur aktiven Spaltaltung sowie einem Thermalmanagmentsystem mit CFK-Schaufeln, genutzt.

 Ergebnisse

Nach einer intensiven Validierung des CFD-basierten Auslegungstools anhand des Referenztriebwerks wird das Tool zur Auslegung und Betriebspunktberechnung des gegenläufigen Triebwerks genutzt. Für dieses wird numerisch insbesondere der Einfluss einer Anpassung des Drehzahlverhältnisses auf die Lage der Betriebsgrenzen untersucht. Das zu fertigende gegenläufige Triebwerk mit einem hohen Totaldruckverhältnis wird verschiedene, am Referenztriebwerk erprobte und validierte sowie im Nachgang nochmals optimierte Komponenten wie die CFK-Beschaufelung enthalten. Die bereits im Zuge der Validierung des Referenztriebwerks aufgebaute Messtechnik wie das PIV-System wird zur Validierung des Triebwerks, bspw. der Off-Design Optimierungen (Anpassung Drehzahlverhältnis), genutzt. Außerdem wird in das Referenztriebwerk ein System zur adaptiven Spalthaltung im Betrieb integriert und dieses validiert.

 Verwertungsperspektive

Die Entwicklung elektrischer Antriebssysteme für Luftfahrzeuge und Flugkörper für hohe subsonische Fluggeschwindigkeiten und Aufgaben mit hoher zeitlicher Priorität wie Transport von Medikamenten, biologische Proben und Notfallequipment sowie zur Aufklärung und Unterstützung der Sicherheitskräfte kann von den Ergebnisses dieses Projekts direkt profitieren.

  Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. habil. Andreas Hupfer

Sebastian Hawner, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Fabian Zach, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Dipl.-Ing. Niels Herter (wiss. Mitarbeiter)

Institut für Aeronautical Engineering

Fakultät für Maschinenbau
Universität der Bundeswehr München